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Working Class – Warum wird es immer schwieriger, Arbeit zu finden, von der man leben kann? Dieser Frage geht die Journalistin Julia Friedrichs in ihrem neuen Buch nach. Sie beschreibt darin das Leben und die Lebensläufe von Menschen wie Sait. Er reinigt in Berlin U-Bahnhöfe. Ein Job, in den er vor knapp 20 Jahren mit einem Stundenlohn von 8,30 Euro eingestiegen ist, regelmäßige Steigerungen folgten. Doch dann wurden die Löhne runtergestuft, die Stunden reduziert. Gleichzeitig stiegen die Mieen und die Lebenshaltungskosten.

Saits Vater hatte als Ungelernter seine Familie noch über die Runden bringen können, sein Verdienst reichte bei einem sparsamen Leben manchmal sogar noch für den einen oder anderen kleinen Luxus. Doch das ist heute für den Sohn trotz Vollzeitarbeit nicht mehr möglich. Und so wie ihm geht es immer mehr Menschen in Deutschland, und schon lange sind es nicht nur Ungelernte.

Julia Friedrichs rüttelt auf mit ihrem Buch. Sie gibt der wachsenden Ungleichheit in ihrem Land Gesichter. Wenn sie beschreibt, wie Saits Arbeitsalltag aussieht, spürt man zugleich, unter welch schwierigen Bedingungen sein karger Lohn erarbeitet wird. Es sind Geschichten, die ansonsten nur selten gehört werden.

Gleichzeitig baut Friedrichs Zahlen und Fakten ein, erweckt damit auch Studien und Statistiken zum Leben. Dabei geht sie auch auf die Frage ein, warum es dieser ersten Generation nach den sogenannten Babyboomern nicht gelingt, ihre Eltern mehrheitlich wirtschaftlich zu übertreffen. Es ist die Folge eines großen gesellschaftlichen Umbruchs, vornehmlich in den Jahren zwischen 1990 und 2010. Bereits vor der Pandemie hat Julia Friedrichs mit ihrer Recherche begonnen. Deren mögliche Folgen nehmen jetzt einen breiten Raum in diesem Buch ein, denn sie werden die Entwicklungen noch einmal verschärfen. hla

Julia Friedrichs: Working Class. Warum wir Arbeit brauchen, von der wir leben können, Berlin-Verlag, Berlin/München, 317 Seiten, 22 €, ISBN 978-3827014269