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Das DRK Paderborn will den Betriebsfrieden offenbar nicht retten und verschärft seinen Kurs nochFoto: Scheiber/imago images [M]

Das Deutsche Rote Kreuz Paderborn hat eine Betriebsratswahl verhindert. Aus ver.di-Sicht war das eine Straftat nach Paragraf 119 Betriebsverfassungsgesetz, denn es gab keine juristische Grundlage dafür. Der vor zwei Jahren beim DRK Kreisverband erstmals gegründete Betriebsrat hatte es von Anfang an schwer. Bis heute wird ihm ein Büro verweigert. E-Mails an ver.di schreiben die Betriebsräte von privaten Accounts. Dann ist der Betriebsrat von ehemals fünf auf vier Personen geschrumpft, weil die Stelle der Migrationsberatung beim DRK-Kreisverband eingespart wurde und damit ein Mitglied im Betriebsrat verschwand. Im Gremium gab es keinen Nachrücker, deshalb sollte neu gewählt werden.

Zwischenzeitlich hatte das DRK jedoch eine gemeinnützige Servicetochter gegründet. Deshalb hat der Wahlvorstand eine Rechtsprüfung bestellt, um zu klären, ob es sich um einen Einheitsbetrieb handelt und die Servicegesellschaft mit in die Wahl einzubeziehen ist. Die gemeinnützige Servicegesellschaft betreibt Fahrdienste, das Corona-Impfzentrum und sie sind für den ambulanten Pflegedienst zuständig. Kreisverband und Servicegesellschaft nutzen alle Gemeinschaftsräume gemeinsam. Der betreuende Rechtsanwalt kam zu dem Ergebnis, der Wahlvorstand solle die Wahl für den Kreisverband gemeinsam mit der Tochter durchführen.

Nicht rechtskräftig

Der Termin für die Wahl stand fest, als der Arbeitgeber mit einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Paderborn die angesetzte Wahl verhindern wollte. Das Arbeitsgericht hat dem DRK in der Sache zwar Recht gegeben und befunden, die Servicegesellschaft dürfe jetzt nicht mitwählen, und das Gericht hat auch Formfehler gesehen. Doch beim Gerichtstermin hat der Betriebsrat angekündigt, Beschwerde gegen die Verfügung einzulegen. Was er auch einen Tag vor dem Wahltermin fristgerecht tat. Damit war das Urteil des Arbeitsgerichts nicht rechtskräftig. Es gab keine juristische Grundlage, die Wahl zu stoppen.

Trotzdem hat der neue DRK-Geschäftsführer Steffen Vogel die Wahl in Mails abgesagt und behauptet, sie sei verboten. "Am Wahltag ist der ehemalige Geschäftsführer mit einem Anwalt des DRK erschienen, hat das Wahlbüro verschlossen und den Wahlvorstand weggejagt", sagt der zuständige ver.di-Sekretär Tim Bergmann. Das DRK hat eindeutig die Wahl eines neuen Betriebsrats behindert.

Der Betriebsrat hat seine Beschwerde gegen die Verfügung des Arbeitgebers zwar inzwischen wieder zurückgenommen, da der Wahltag mit dem Eingriff des Arbeitgebers unweigerlich verstrichen und somit nicht mehr zu korrigieren ist. "Allerdings hat der Arbeitgeber mit seinem Verhalten Fakten geschaffen und einer juristischen Entscheidung vorgegriffen", so Tim Bergmann. ver.di wolle deshalb Strafanzeige erstatten. Und sollte künftig eine gemeinsame Wahl nicht ermöglicht werden, dann würden zwei Betriebsratsgremien gewählt: eines für den Kreisverband und eines für die Servicetochter.

Kurs verschärft

Hinter dem Verhalten des Arbeitgebers stecke Kalkül, so Bergmann. Bei Auslagerungen von Arbeiten gehe es fast immer ums Geld. Ein Betriebsrat dürfe bei Fahrzeiten, Arbeitszeiten und Teilzeitdiensten mitbestimmen. Das sei für die Servicetochter offenbar nicht gewollt und sollte verhindert werden, vermutet er. Beim Kreisverband werde zum Beispiel nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes entlohnt. Bei der Servicetochter sei nichts über die Lohnstrukturen bekannt. Das würde sich mit einem Betriebsrat ändern.

Mittlerweile hat der Arbeitgeber seinen Kurs weiter verschärft und vier Kündigungen ausgesprochen: gegen eine Wahlbewerberin, den Wahlvorstand, eine Betriebsrätin sowie den Wahlvorstandsvorsitzenden, der gleichzeitig auch Betriebsratsvorsitzender ist. Da der Betriebsrat den Kündigungen nicht zustimmt, hat das DRK das Zustimmungsersetzungsverfahren am Arbeitsgericht Paderborn beantragt. Ein ehemaliger Betriebsrat hat eine Abmahnung erhalten, weil er sich kritisch zu den Vorgängen und Praktiken der Geschäftsführung geäußert hat. Alle Betroffenen bekommen ver.di-Rechtsschutz.

ver.di empfiehlt Beschäftigten, die einen Betriebsrat wählen wollen, sehr vorsichtig zu sein und "unter dem Radar zu bleiben", bis alles sicher ist. Dazu sollten sie sich unbedingt Rechtsbeistand holen. Alle ver.di-Mitglieder genießen bei ihrer Gewerkschaft Rechtsschutz am Arbeitsplatz und bekommen Unterstützung bei Konflikten mit dem Arbeitgeber. So auch beim DRK.