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Organisieren, Druck machen und warnstreiken führten auch in Kiel zum ZielFoto: penofoto/imago

Immer mehr Beschäftigte kämpfen für die Rückführung ihres Arbeitsbereichs in kommunale Trägerschaft. Als Übergangsziel geht es oft um einen guten Tarifvertrag. Nach zahlreichen Streiks, Unterschriftensammlungen und politischem Kampf waren in letzter Zeit gleich mehrere Belegschaften von Krankenhaus-Servicebetrieben auf diesem Weg erfolgreich.

Für die "Klinikum Nürnberg Service Gesellschaft" (KNSG) führt der Weg zur Rekommunalisierung über einen Betriebsübergang. Rund 800 Beschäftigte werden zunächst schrittweise in den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) übergeleitet, ab 2024 soll er schließlich komplett angewendet werden. Und die Entlohnung der Kolleg*innen hat sich bereits rückwirkend zum 1. Januar 2021 durch Überleitungs- und Anwendungstarifverträge sowie Einmalzahlungen verbessert.

"Wir haben einen wirklich großartigen Erfolg erkämpft", sagt Karin Reinfelder, Betriebsratsvorsitzende der KNSG. "Ohne den guten Zusammenhalt der Belegschaft und den andauernden Druck, den wir auf den Arbeitgeber ausgeübt haben, wäre dieses tolle Ergebnis nicht möglich gewesen." Denn der Betreiber des Klinikums, die Stadt Nürnberg, und der zuständige Verwaltungsrat gaben sich zu Beginn der Verhandlungen zugeknöpft. "Lange mussten wir uns anhören, dass die Rückkehr zum TVöD zu teuer sei", so die BR-Vorsitzende.

Vier Streiktage zum Erfolg

Die betroffenen Beschäftigten sind für die verschiedenen Servicebereiche im Nürnberger Klinikum verantwortlich, für die Küche, die Sterilisation des OP-Bestecks, für Reinigung und Materiallogistik. Obwohl die Stadt Eigentümerin des Krankenhauses ist, wurden die Dienstleistungen schon 1999 ausgegliedert, und die Beschäftigten rutschten damit in Niedriglöhne nach einem bayernweit geltenden Verbundtarifvertrag. "Lange vor der Pandemie hatte der damalige Kandidat und jetzige Oberbürgermeister Marcus König von der CSU uns versprochen, die KNSG wieder in die kommunale Trägerschaft einzugliedern und die Beschäftigten nach TVöD zu bezahlen", sagt Gewerkschafterin Joana Terborg vom zuständigen ver.di-Bezirk Mittelfranken. "Nach der Wahl begann Corona, und über die Rückkehr in den Tarifvertrag wollte niemand mehr verhandeln."

Doch die Belegschaft zeigte sich kampfbereit und begann zu streiken. "Die Beteiligung war super, und es gab viel Unterstützung für die Beschäftigten durch die Nürnberger*innen." Nach insgesamt vier Streiktagen konnte Ende Juli 2021 die Einigung verkündet werden: Volle Integration in den TVöD-K, den Tarifvertrag für die Krankenhäuser, zum 1. Januar 2024. Und bis dahin schrittweise Erhöhungen der Stundenlöhne sowie Einmalzahlungen. "Strittig war lange die Frage der Eingruppierungen. Die Arbeitgeber wollten auch langjährige Beschäftigte wie Neueingestellte eingruppieren. Das ging gar nicht", sagt Karin Reinfelder. Nun wird zumindest ein Teil der Berufsjahre in der KNSG angerechnet.

Kiel zieht nach

Viele Kilometer weiter nördlich, in Kiel, schauten Beschäftigte und ver.di mit Interesse auf die Forderungen in Nürnberg. "Wir hatten im Prinzip die gleiche Situation", sagt der zuständige Gewerkschaftssekretär Christian Godau. "Das Krankenhaus ist in städtischer Hand, die Servicebereiche sind jedoch seit 2005 ausgegliedert mit allen negativen Folgen für die rund 200 Beschäftigten." Auch in Kiel lehnte die Arbeitgeberseite zunächst die Forderung nach einem besseren Tarifvertrag rigoros ab – der zum Ziel TVöD überleiten sollte.

Doch dann organisierten sich die Beschäftigten der Servicegesellschaft mehrheitlich in ver.di. Ein erster Warnstreik im Mai 2021 und viel öffentliche Aufmerksamkeit erhöhten den Druck. "Sehr hilfreich war ein offener Brief an die Kieler Ratsversammlung, den rund 800 Beschäftigte unterschrieben, darunter auch viele Pflegekräfte und Ärzt*innen, die sich auf diesem Weg mit den Betroffenen solidarisierten", so Christian Godau. Weitere vier Warnstreiks im Herbst und eine Demonstration anlässlich einer Sitzung der Ratsversammlung überzeugten schließlich die Verantwortlichen.

Ebenso wie am Nürnberger Klinikum wird am städtischen Krankenhaus Kiel ab dem 1. Januar 2024 der TVöD-K für die Beschäftigten der Servicebereiche gelten. Bis dahin gibt es vergleichbare Entgelterhöhungen, erstmals rückwirkend zum 1. Januar 2022. In Kürze beginnen die Verhandlungen über die nächsten Erhöhungsschritte ab Januar 2023. Auch die Wiedereingliederung der Servicebereiche in kommunale Trägerschaft sei nach wie vor ein in der Ratsversammlung diskutiertes Thema, sagt der ver.di-Sekretär. "Wir bleiben auf jeden Fall dran." Motivierend, für die Rückkehr in den TVöD zu kämpfen, sei auch die gute Vernetzung mit anderen Standorten gewesen – neben Kontakten nach Nürnberg ebenso der Austausch mit Berlin, wo es durch eine große Streikbewegung gelungen war, an der Charité und beim Klinikbetreiber Vivantes die Servicebereiche in den TVöD zurückzubringen.

Auch im brandenburgischen Neuruppin waren die Beschäftigten des Universitätsklinikums Ruppin-Brandenburg (früher: Ruppiner Kliniken) mit ihren Protesten erfolgreich. Nach fünf Verhandlungsrunden und sieben Streiktagen kam der Arbeitgeber ver.di Anfang Mai 2022 mit einem Angebot entgegen: Für rund 1.400 nicht-ärztliche Beschäftigte gibt es deutliche Entgelterhöhungen. Pflegekräfte werden zu hundert Prozent nach dem TVöD bezahlt, für Servicemitarbeiter*innen aus den Bereichen Therapie, Apotheke oder Sterilisationsaufbereitung werden die Löhne in diesem Jahr auf 92 Prozent des TVöD-Niveaus, 2023 auf 94 Prozent erhöht.

Neuruppin dockt an

"Aber wir wollen auch die 100 Prozent erreichen", sagt Torsten Schulz aus dem zuständigen ver.di-Bezirk Potsdam-Nordwestbrandenburg. "Entsprechend bereiten wir uns auf die nächste Tarifrunde vor." Weiter fordert ver.di gemeinsam mit der Belegschaft, dass das Universitätsklinikum wieder Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband wird. Diese Forderung war bereits Gegenstand einer Petition, die gut 930 Beschäftigte unterzeichnet hatten.

In allen drei Fällen, die die Rückkehr zum TVöD brachten, war ein Erfolgsrezept entscheidend, wie es die KNSG-Betriebsratsvorsitzende Karin Reinfelder formuliert: "Vernetzung der Kolleginnen und Kollegen, Durchhaltevermögen, Unterstützung durch die Gewerkschaft und die Öffentlichkeit."