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Anja Görg und Philipp Sahl vom ver.di-Bildungswerk sitzen im Podcast-Studio im Digitalcampus in den ver.di-HöfenFoto: Julian Stratenschulte/dpa

Was kommt nach der Berufsausbildung? Wie kann ich in meinem Job noch besser durchstarten? Und wie immer auf dem neuesten Stand bleiben? Um dauerhaft Erfolg und Zufriedenheit im Beruf zu haben, braucht es nicht nur eine gute Ausbildung, sondern auch gute Weiterbildungen und die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen.

Auch Politik und Wirtschaft fordern, dass sich Beschäftigte ständig weiter qualifizieren. Und das ist sinnvoll, denn berufliche Anforderungen wandeln sich oft rasant. Sowohl der Staat als auch viele Unternehmen wälzen aber einen Großteil der Verantwortung auf die Einzelnen ab. Unterstützung finden Beschäftigte bei ihrer Gewerkschaft. Wir haben hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Weiterbildung gesammelt.

Was ist Fortbildung, was Weiterbildung?

Der wesentliche Unterschied zwischen der Fort- und der Weiterbildung besteht darin, dass die Fortbildung sich auf eine konkrete Anforderung im Rahmen der aktuellen beruflichen Tätigkeiten bezieht, während die Weiterbildung dazu dient, zusätzliche Qualifikationen zu erwerben. Der Begriff Fortbildung bezeichnet genau genommen einen Bereich der Berufsbildung und hat nach § 1 Absatz 4 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) das Ziel, bereits erworbene berufliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erhalten, zu vertiefen, zu erweitern oder zu aktualisieren. Fortbildungen sind zudem in aller Regel öffentliche Bildungsmaßnahmen und mit einer Prüfung durch eine staatliche Stelle verbunden. Demgegenüber wird bei der Weiterbildung zusätzliche Bildung außerhalb des bereits vorhandenen Wissens vermittelt und neues Wissen erlernt.

Was ist Bildungsurlaub?

Bildungsurlaub ist das Recht auf Weiterbildung für Arbeitnehmer*innen während der Arbeitszeit. In den meisten Bundesländern besteht der Anspruch auf 5 Tage zusätzlichen Bildungsurlaub im Jahr, den man selbst finanziert. Beim Bildungsurlaub geht es um die persönliche Weiterbildung, die überhaupt nichts mit dem Beruf zu tun haben muss. Was Beschäftigte in dieser Zeit machen, welchen Kurs, Workshop oder welche Bildungsreise sie belegen, entscheiden sie also selbst. Was ausgewählt wird, muss lediglich als Bildungsurlaub anerkannt sein (siehe auch Seite B4+B5).

Habe ich ein Recht auf Weiterbildung?

Nein, ein grundlegendes Recht auf eine Weiterbildung gibt es in Deutschland nicht. Wer aber eine Auszeit vom Job nehmen möchte, um sich weiterzubilden, soll künftig staatliche Unterstützung erhalten. Das sehen Pläne des Bundesarbeitsministeriums vor.

Im europäischen Vergleich in punkto Weiterbildung nimmt Deutschland einen Platz im oberen Mittelfeld ein. Nach einer vergleichenden Analyse von 2016 gibt es sieben Länder, die noch deutlich höhere Teilnahmequoten in Weiterbildungen aufweisen – Schweden, Luxemburg, Schweiz, Norwegen, Niederlande, Dänemark und Finnland. Deutschland ist allerdings stark bezüglich Weiterbildung im Betrieb. Mit einem hohen Anteil an Betrieben, die Weiterbildung fördern, und einem hohen Anteil an Beschäftigten, die an betrieblichen Weiterbildungen teilnehmen, gehört Deutschland diesbezüglich zur führenden Ländergruppe. Im Vorreiterland Dänemark besuchen dennoch fast viermal so viele Menschen Weiterbildungen – und zusätzlich dauern die einzelnen Maßnahmen dort auch länger und sind somit intensiver.

Wie wird eine Weiterbildung finanziert?

Viele Weiterbildungen werden staatlich gefördert. Neben dem Bund mit seinen diversen Fördertöpfen – vom Aufstiegs-Bafög bis zum Weiterbildungsstipendium – spendieren auch etliche Bundesländer Zuschüsse für individuelle Weiterbildungen. Weiterbildungskosten können zudem vom Arbeitsamt getragen werden, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Über die Übernahme der Kosten wird beim zuständigen Arbeitsamt entschieden. Läuft die Weiterbildung über den Betrieb, übernimmt der Arbeitgeber entweder die Kosten, weil er ein unternehmerisches Interesse an der Weiterbildung seiner Beschäftigten hat, oder aber er gewährt die Kosten für die Weiterbildung in Form eines Arbeitgeberdarlehens. Der Arbeitgeber vereinbart dann mit seinem Beschäftigten, dass dieser für einen bestimmten Zeitraum nicht ordentlich kündigen darf. Zwischen den Arbeitsvertragsparteien wird eine sogenannte Rückzahlungsklausel vereinbart.

Ist Weiterbildung Arbeitszeit?

Ist die Weiterbildung vom Arbeitgeber angeordnet, gilt sie grundsätzlich als Arbeitszeit. Findet sie auf Wunsch der/ des Beschäftigten statt, ist sie eine Freizeitangelegenheit. Im Arbeitsrecht ist das klar formuliert. Tatsächlich findet Weiterbildung in den meisten Fällen nebenbei statt. Expert*innen sind sich darin einig, dass sich Fort- und Weiterbildung oft unbewusst vollziehen, und zwar während der Ausübung anstehender Aufgaben. Sei es im Gespräch mit einem erfahrenen Kollegen oder einer Vorgesetzten. Auch die Recherche im Netz bildet weiter. Doch kaum jemand würde beim alltäglichen "Sich-Schlau-Machen" auch von Weiterbildung reden. Tatsächlich jedoch entwickeln sich Beschäftigte überwiegend genau auf die Art weiter. Die Rede ist auch von der 70:20:10-Regel. Nach dieser Regel lernen Beschäftigte zu 70 Prozent durch schwierige Aufgaben und berufliche Herausforderungen, zu 20 Prozent durch das berufliche Umfeld und durch Vorgesetzte und nur zu 10 Prozent durch traditionelle Weiterbildung wie Seminare, Bücher oder Trainings.

Eine Freistellung hängt, wie auch die Übernahme der Kosten, von der Art des Seminars ab. In der Seminar-Datenbank des ver.di-Bildungsportals (bildungsportal.verdi.de) finden sich dazu bei jedem Seminar eine oder mehrere Anmerkungen, die die Möglichkeiten der Freistellung angeben.

Was tut ver.di in Sachen Weiterbildung?

ver.di gelingt es immer wieder, Weiterbildungsansprüche in Tarifverträgen zu verankern. Auch gibt es im Rahmen von Betriebsvereinbarungen die Möglichkeit, dass Betriebsräte und Unternehmensleitungen gemeinsam Qualifizierungskurse für Ältere, Ungelernte und von Erwerbslosigkeit Bedrohte beantragen. Doch noch sind solche Vereinbarungen Ausnahmen. Deshalb fordert ver.di schon lange ein Weiterbildungsgesetz auf Bundesebene. Das soll sowohl Finanzierungs- als auch Freistellungsansprüche verbindlich regeln: Jede und jeder hätte danach ein Recht auf Qualifizierung. Mit Hilfe einer Umlage würden die Kosten gleichmäßig auf alle Unternehmen verteilt. Auch für Selbstständige und Wiedereinsteiger*innen nach einer Familienphase soll demnach hochwertige Weiterbildung finanzierbar sein. Außerdem ist das Weiterbildungsangebot bisher sehr unübersichtlich. Und weil die Teilnehmenden erst im Nachhinein beurteilen können, ob ein Kurs hält, was der Anbieter verspricht, ist auch eine unabhängige Qualitätssicherung unabdingbar. ver.di fordert deshalb auch verbindliche Zertifizierungsverfahren für berufliche Bildungsangebote.