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Immer nur Laub blasen? Beschäftigten in der Straßenreinigung wird zu selten eine Weiterbildung angebotenFOTO: PICTURE ALLIANCE/DPA

Der Weg zur Weiterbildung kann manchmal ganz einfach sein. Vor über einem Jahr ermunterte Ingo Röttger, leitender Meister für die Gas- und Regelanlagen bei der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung (dew21), einen Kollegen, berufsbegleitend die Meisterschule zu besuchen. Knapp anderthalb Jahre später hat der Kollege die Qualifizierung in der Tasche und Ingo Röttger weiß, dass er mit ihm perspektivisch einen neuen Stellvertreter hat, wenn der jetzige Stelleninhaber in den Ruhestand geht.

Und auch er selbst hat etwas dazugelernt: Förderung funktioniert über persönliche Ansprache. Genau darauf setzt mendi.net, ein Netzwerk für Weiterbildungsmentor*innen, das der ver.di- Bereich Bildungspolitik auf den Weg gebracht hat. Ingo Röttger ist bei dew21 einer von vier Beschäftigten, die als Mentor*innen Qualifizierungen innerhalb der Belegschaft stärker anschieben wollen.

„Bei Ausschreibungen auf gute Stellen gehen immer weniger interne Bewerbungen ein“, sagt Carmen Kalkofen, Betriebsratsvorsitzende des Dortmunder Versorgungsunternehmens und Mitglied im Beirat des mendi.net-Projektes. Dabei sei das Betriebsklima super und „das Unternehmen fördert Weiterbildung und arbeitet mit uns zusammen.“

So existiert eine Betriebsvereinbarung zum Thema, die definiert, welche Angebote in welchem Umfang gefördert werden. Und warum bewerben sich nicht mehr Kolleg*innen auf Ausschreibungen? „Viele möchten, trauen sich aber nicht. Dort können die Mentor*innen wichtige Motivationsarbeit leisten“, sagt Carmen Kalkofen. Da Fachkräfte in immer mehr Berufen Mangelware sind, führt kein Weg an der Weiterbildung der eigenen Leute vorbei. Bei dew21 wissen sie das und bieten Beschäftigten Qualifikationen oder ein berufsbegleitendes „Training on the Job“ an, das einer praktischen Weiterbildung in der neuen Aufgabe entspricht.

Gärtner ans Netz

Auch in Münchens Amtsstuben setzt sich die Einsicht durch, das vorhandene Personal zu fördern, statt Stellen neu von außen zu besetzen. „Wir versuchen derzeit, alle Daten zusammenzutragen, die für die weitere Planung der Personalentwicklung nötig sind. Auf dieser Grundlage kann dann gezielt Weiterbildung angeboten werden“, so der stellvertretende Vorsitzende des Gesamtpersonalrats (gpr), Constantin Dietl-Dinev. Wisse man, was gebraucht werde, sei es auch einfacher, Kolleg*innen zu einer konkreten Qualifizierung zu ermuntern.

„Während besser Qualifizierte sich zumeist von sich aus um ihre Weiterbildung kümmern, hapert es an der Förderung der Beschäftigten in unteren Positionen.“ Andreas Wotzka, Mitglied im Gesamtpersonalrat der Nürnberger Stadtverwaltung

In der Münchener Stadtverwaltung sind sechs Mentor*innen aktiv, die zuvor ein mendi.net-Basisseminar besucht haben. Alle sind Personalräte, wie auch Constantin Dietl-Dinev. „Eines unserer Ziele ist es, Kolleg*innen zu fördern, die bisher von der Digitalisierung weitgehend abgeschnitten sind.“ Dabei handelt es sich um Beschäftigte im Gartenbau, der Straßenreinigung oder der Abfallwirtschaft, die sich gerne qualifizieren würden, für die aber zu wenig angeboten wird. „Zwar gab es schon vor dreißig Jahren die Initiative ,Arbeiter ans Netz‘, doch in der Praxis hat sich seitdem nicht genug getan“, sagt der gpr-Vize. Derzeit liefen Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite, wie die Kolleg*innen aus diesen Bereichen besser in die Computernetze eingebunden werden können.

Steine im Weg

„mendi.net soll perspektivisch Weiterbildungsmentor*innen als feste Institution in Betrieben installieren“, sagt Maria Wierscholowsky, die das Projekt 2021 bei ver.di angeschoben und mitbetreut hat. Wegen der Corona-Pandemie gab es Verzögerungen. Doch inzwischen haben 17 Kolleg*innen das Basisseminar besucht und ihre Mentor*innenarbeit im Betrieb oder in einer Verwaltung aufgenommen.

„Wir haben drei Mentor*innen, die die Beschäftigten zur Weiterbildung motivieren sollen“, sagt Andreas Wotzka, gpr-Mitglied in der Nürnberger Stadtverwaltung. Bei den Leitungskräften der Nürnberger Verwaltung stieß das Mentor*Mentor*innenprojekt zunächst nicht auf Gegenliebe, weil sie es als Konkurrenz zu eigenen Qualifizierungsangeboten wahrnahmen. „Die Verständigung mit dem Arbeitgeber hat einige Zeit erfordert.“ Inzwischen können Beschäftigte Weiterbildungsangebote nutzen, die Nürnberg gemeinsam mit anderen Stadtverwaltungen in einer eigenen Akademie anbietet.

„Während besser Qualifizierte sich zumeist von sich aus um ihre Weiterbildung kümmern, hapert es an der Förderung der Beschäftigten in unteren Positionen“, so Andreas Wotzka. „Ihnen legen Vorgesetzte oft Steine in den Weg, wenn sie ein Seminar besuchen wollen, weil sie als unabkömmlich gelten.“ Diese Haltung müsse sich dringend ändern. Generell hinke die Weiterbildung den technischen Möglichkeiten hinterher. „Wenn die Kolleg*innen agil und modern arbeiten sollen, dann reicht es nicht, neue Software anzuschaffen.“ Wichtig sei das richtige Rüstzeug für die Beschäftigten in Form geeigneter Schulungen. Das mendi.net-Projekt hilft dabei.

verdi-mendi.net