Ausgabe 01/2023
Kurzmeldungen aus der Politik
Ungebrochen solidarisch
Tag der Arbeit – Unter dem Motto "Ungebrochen solidarisch" stehen in diesem Jahr die Kundgebungen und Aktionen des Deutschen Gewerkschaftsbundes und seiner Mitgliedsgewerkschaften zum Tag der Arbeit. Die zentrale Kundgebung des DGB am 1. Mai wird in Köln stattfinden, aber es gibt an zahlreichen Orten im gesamten Bundesgebiet weitere Demonstrationen, Feste und Aktionen. Aktuelle Infos dazu werden bis zum 1. Mai nach und nach unter kurzelinks.de/ c75e eingestellt.
Ein deutliches Plus durch Erhöhung
Mindestlohn – Von der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Oktober 2022 haben knapp sieben Millionen Menschen profitiert. Sie bekommen jetzt 12 Euro pro Stunde. Die befürchteten Arbeitszeitverkürzungen seien ausgeblieben, so dass diese Menschen tatsächlich mehr Geld im Portemonnaie haben. Das ergibt sich aus einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stifung. Studienautor Toralf Pusch kommt zu dem Ergebnis, dass die Erhöhung der Lohnuntergrenze bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten durchschnittlich ein Plus von mehr als 100 Euro im Monat gebracht hat. Bis Ende Juni diesen Jahres wird die Mindestlohnkommission ihre Empfehlung abgeben, wie sich der Mindestlohn im kommenden Jahr weiter entwickeln soll. boeckler.de
Kein Spielfeld für reiche Investoren
Pflegeheime – Im Januar haben zwei Pflegeheimbetreiber Insolvenz anmelden müssen: Curata mit rund 40 Pflegeheimen und psychiatrischen Einrichtungen bundesweit und die Bremer Convio-Gruppe. Betroffen sind davon insgesamt rund 7.800 Beschäftigte und 22.000 Pflegebedürftige. "Die Altenpflege darf kein Spielfeld für reiche Investoren sein. Das Geld der Sozialversicherungen und die Zukunft der Menschen müssen vor Spekulation geschützt werden", sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. Sie forderte die Bundesregierung dringend auf, dem Treiben profitorientierter Akteure in der Pflege durch klare staatliche Regeln ein Ende zu setzen.
Kein einziges Kind zurücklassen
Kindergrundsicherung – ver.di begrüßt die Pläne von Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Bündnis 90/Die Grünen, zur Kindergrundsicherung. Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke fordert allerdings ein größeres Gewicht für Sozialpolitik bei den Entscheidungen der Bundesregierung. "In einem reichen Land wie Deutschland ist es eine Schande, dass immer noch eine große Anzahl von Kindern in Armut aufwächst. Angesichts der demografischen Entwicklung darf kein einziges Kind zurückgelassen werden. Kinder müssen wirksamer vor Armut geschützt werden", so Werneke. Der Plan des Bundesfamilienministeriums, die Kindergrundsicherung nicht auf das Bürgergeld der Eltern anzurechnen, sei absolut richtig. Es dürfe aber bei der Umsetzung der Pläne nicht zu Blockaden einzelner Ressorts in der Ampelkoalition, insbesondere des Bundesfinanzministeriums kommen. "Die Ampelkoalition muss bei der Erfüllung des Anspruches, mehr soziale Gerechtigkeit zu schaffen, besser werden – auch, weil die Steuer- und Finanzpolitik von einer Schlagseite zugunsten der Besserverdienenden gekennzeichnet ist. Jetzt muss endlich auch mal an die von Armut gefährdeten Teile der Bevölkerung gedacht werden", erklärte Werneke.
Mehr Frauen in den Vorständen
Frauen – Der Frauenanteil in den Vorständen und Aufsichtsräten in den Vorständen großer Unternehmen in Deutschland ist 2022 erneut gestiegen. Bei den 200 umsatzstärksten Unternehmen betrug er laut einer Auswertung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) 16 Prozent, bei deren Aufsichtsräten 31 Prozent. Für rund 60 Unternehmen gilt seit 2021 die gesetzliche Mindestbeteiligung für Vorstände, weil sie börsennotiert und paritätisch mitbestimmt sind sowie einen mindestens vierköpfigen Vorstand haben. Katharina Wrolich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics beim DIW Berlin, stellt fest, dass das gesetzliche Mindestbeteiligungsgebot seine Wirkung zeige. Allerdings sei es bis zum Erreichen der Geschlechterparität auch mit der Vorgabe eher ein Dauerlauf als ein Sprint.
Ungerechtes Steuersystem
Jahrbuch Steuergerechtigkeit – Deutschland ist ein Niedrigsteuerland – zumindest für Superreiche und Kapitalerträge. Das geht aus dem Jahrbuch Steuergerechtigkeit 2023 hervor, das das Netzwerk Steuergerechtigkeit herausgegeben hat. Die Autor*innen rechnen vor, dass ein Muster-Millionär auf ein Einkommen von 1,6 Millionen Euro nur 21 Prozent Steuern zahlt. Das Jahrbuch macht viele schwer zu fassende und teilweise gut versteckte Ungerechtigkeiten im deutschen Steuersystem sichtbar und Fortschritt messbar. Aber es geht in dem Jahrbuch auch um die Steuern, die Konzerne zahlen (müssten). So versprechen die Autor*innen, dass sie jetzt jedes Jahr im Blick behalten, wie die Ende 2022 beschlossene Mindeststeuerrichtlinie der EU umgesetzt wird. Sie schauen, wie hoch die Steuerzahlungen der großen Digitalkonzerne global und in Deutschland sind. Sie kritisieren auch, dass bislang nur 57 Prozent der deutschen GmbHs sich an die Eintragungspflicht in das Transparenzregister halten.
Mehr Infos unter kurzelinks.de/lmey
Julia Jirmann, David Kern-Fehrenbach, Christoph Trautvetter: Jahrbuch Steuergerechtigkeit 2023, herausgegeben vom Netzwerk Steuergerechtigkeit