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In Deutschland wieder möglich – die doppelte StaatsbürgerschaftPedersen/dpa/picture alliance

Mitte Januar hat der Bundestag die ­Reform des Staatsangehörigkeitsrecht beschlossen. Sie eröffnet die Möglichkeit der Doppelstaatsangehörigkeit für alle Migrant*innen, bislang war das nur bei EU-Bürger*innen möglich. „Gerade die mit 2,8 Millionen Angehörigen größte Einwanderercommunity in Deutschland, die der türkeistämmigen, sah sich nach der alten Regelung diskriminiert, da der Verzicht auf den Herkunftspass Voraussetzung für eine Einbürgerung war“, sagt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Rebecca Liebig. Deshalb seien 1,5 Millionen Türkei­stämmige trotz langer Aufenthaltsdauer immer noch nicht eingebürgert.

Der Doppelpass und ein Anspruch auf Einbürgerung nach bereits fünf Jahren werde auch alle anderen Eingewanderten aus sogenannten Drittstaaten mit Angehörigen der EU gleichstellen. Angehörige der Drittstaaten machten einen Großteil der Beschäftigten mit ausländischem Pass aus. „Deshalb rufen wir ­unsere Gewerkschaftsmitglieder mit ­Migrationsbiografie auf, den deutschen Pass jetzt zu beantragen“, so Liebig. Denn: „Wer gleiche Bürgerrechte genießt, kann endlich politisch auf allen Ebenen mitentscheiden und hat auch auf dem Arbeitsmarkt bessere Aufstiegschancen.“ Damit die Anträge zügig ­bearbeitet werden, fordert ver.di die Bundesregierung und die Landesregierungen auf, die entsprechenden Rahmenbedingungen in den zuständigen kommunalen Behörden zu verbessern und zum Beispiel zentrale Einbürgerungsbehörden zu schaffen.

Zugleich kritisiert ver.di die Verschlechterung von Einbürgerungsbedingungen für Menschen, die unverschuldet nicht voll leistungsfähig sind, etwa Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen und deren pflegende Angehörige. Sie hätten keinen rechtlichen Anspruch mehr auf eine Einbürgerung, egal wie lange sie bereits in Deutschland leben. Auch wenn sie längst einen dauerhaften Aufenthaltstitel erworben haben, seien sie deshalb künftig abhängig vom Ermessen der örtlichen Behörden. „Das ist eine völlig unnötige Verschärfung, die die Ampel ins Gesetz geschrieben hat“, bemängelt Liebig.

Jetzt komme es auf die Länder an. Gewerkschafterin Liebig forderte sie auf, das Gesetz so umzusetzen, dass die Behörden ihr Ermessen konstruktiv nutzen und diesen Menschen, die unverschuldet aus Krankheitsgründen oder wegen einer Behinderung zeitweise oder dauerhaft nicht voll erwerbstätig sein können, großzügig Einbürgerungen erteilen – allein wegen des Gleichheitsgrundsatzes. In ihrem Entschließungsantrag haben die Ampelfraktionen ihnen genau diese Richtung gewiesen. Für Rebecca Liebig ist es daher völlig unverständlich, dass sie dies nicht gleich gesetzlich festgeschrieben haben. red