Was können Mitglieder tun, um in ihrem Betrieb aktiv zu werden? Wie gewinnt man weitere Mitglieder, um mehr durchzusetzen? Wir stellen verschiedene "Werkzeuge" vor, die in gewerkschaftlicher Arbeit und Auseinandersetzungen erfolgreich eingesetzt wurden. Dieses Mal erzählt Serdal Sardas, Betriebsratsvorsitzender bei Amazon Wunstorf, von seinen Erfahrungen mit dem Aufbau eines Aktivenkreises – einem Zusammenschluss von verschiedenen Aktiven aus unterschiedlichen Betrieben.

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Serdal SardasFoto: privat

Wie kam es zu eurem Aktivenkreis?

Anfang 2022 waren wir gerade dabei, einen Betriebsrat zu gründen. Wir waren damals nur drei Gewerkschaftsmitglieder. In dieser Phase hat ein Kollege, der auch Kandidat auf der ver.di-Liste war, einen Abschiebebescheid bekommen. Wir haben unseren Arbeitgeber gebeten, eine Stellungnahme für unseren Kollegen zu schreiben. Dieser Bitte ist er nicht nachgekommen. Deswegen sind wir auf die Gewerkschaft zugegangen. Nonni Morisse, ver.di-Projektsekretär für Amazon Niedersachsen-Bremen, hat sofort alle Hebel in Bewegung gesetzt und sein Netzwerk genutzt – er kannte diverse Flüchtlings-Supporter – um uns zu unterstützen. ver.di hat eine Stellungnahme geschrieben für unseren Kollegen und war auch im Gespräch mit der Härtefall-Kommission. Über ver.di haben wir Politik und diverse Organisationen mit eingeschaltet und auf diesen Fall Aufmerksamkeit gemacht.

Und dadurch entstand der Aktivenkreis?

Ja, durch diese Zusammenarbeit mit Nonni, der auch mit den Gewerkschaftsmitgliedern aus anderen Amazon-Niederlassungen in Kontakt ist. Er hat uns und Kolleg*innen aus Achim und Winsen nach Bremen eingeladen. Da haben wir uns kennengelernt und unseren Aktivenkreis gegründet. Ab da waren wir im ständigen Austausch.

Wie hilfreich war dieser Austausch?

Sehr. Die Kolleginnen und Kollegen aus Achim haben damals auch gerade einen Betriebsrat gegründet, waren uns aber sechs Wochen voraus. Da Amazon immer nach dem gleichen Plan bei Betriebsratsgründungen vorzugehen scheint, wussten wir immer ganz genau, was bei uns in sechs Wochen passieren wird. So konnten wir sehr vielen Probleme und Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen.

Wie viele seid ihr mittlerweile?

Anfangs waren wir eine Handvoll Leute, jetzt sind es 20 bis 30 Personen, die auch an dem Bildungsurlaub teilnehmen. Und im Hintergrund sind noch viel mehr aktiv. An unserem Standort in Wunstorf sind jetzt fast 60 Prozent bei ver.di organisiert.

Dein Tipp: Womit überzeugt man die Leute?

Mit Vertrauen. Und mit Taten. Wir haben keine Ansprachen gehalten und damit versucht, die Leute von ver.di zu überzeugen. Sondern es gab Action, zum Beispiel der Support für meinen Kollegen, der abgeschoben werden sollte. Davon erzählen die Kolleginnen und Kollegen immer noch. Wir hatten auch Unterstützung von ver.di bei Kündigungsschutzklagen. Einer unserer Kollegen ist nach einem Jahr Rechtsstreit jetzt wieder im Job. Auch das hat uns wieder Eintritte in die Gewerkschaft gebracht. Die Mitarbeiter*innen sehen ganz genau: Da passiert auch was. Und sie kommen auf uns zu. Manchmal werde ich während der Schicht angesprochen: Hey du, ich möchte auch in die Gewerkschaft eintreten. Das ist echt ein Selbstläufer geworden.

ver.di bietet dieses und anderes "Gewerkschaftswerkzeug" in Schulungen an. Einen tieferen Einblick und Materialien findest du auf der Seite des Projektes Zukunft der Mitgliedergewinnung unter zdm-werkzeuge.verdi.de