Maria Kniesburges ist Chefredakteurin von ver.di PUBLIK

Ein feiner Wettbewerb

Was die privaten Zustelldienste seit Monaten mit fragwürdigen Methoden und bemerkenswerter Dreistigkeit erreichen wollen, das hat die CDU/CSU Mitte November im Koalitionsausschuss tatsächlich durchgedrückt: Den tariflichen Mindestlohn für die Briefdienste wird es vorerst nicht geben. Mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt von den christlichen Regierungsparteien, gegen die Stimmen der SPD, die damit eine empfindliche Niederlage hinnehmen musste. Und doch: Obwohl der tarifliche Mindestlohn nun nicht mehr zum 1. Januar verbindlich festgeschrieben werden kann, hält auch die SPD an der vollständigen so genannten Liberalisierung des Briefmarktes ab Januar 2008 fest. Damit sind alle Voraussetzungen für einen neuerlichen gnadenlosen Wettbewerb auf Kosten der Beschäftigten geschaffen.

Es ist ein uraltes, denkbar schlichtes und im Ergebnis doch so perfides Geschäftsmodell. Die privaten Zustelldienste zahlen ihren Beschäftigten Niedriglöhne und können so andere Anbieter wie die Deutsche Post AG, die nach Tarif zahlt, im Preiskampf unterbieten. Die Zeche zahlt - neben den Betroffenen - der Staat, mithin also die Steuerzahler. Die Dumpinglöhne im Unterbietungswettbewerb sind großenteils so niedrig, dass die in Vollzeit beschäftigten Zusteller zusätzlich Hartz IV beantragen müssen. Und diese Hungerlöhne werden nicht etwa von kleinen privaten Firmen gezahlt, die ums Überleben kämpfen, sondern von kapitalkräftigen Zustelldiensten wie der PIN AG mit dem Springer-Konzern als Mehrheitseigner. Ein feiner Wettbewerb - der Staat zahlt den fehlenden Lohnanteil, hat aber ansonsten nichts zu sagen. Doch das politische Ziel ist erreicht: die Abschaffung des Postmonopols. Was damit gewonnen ist? Das freie Spiel der Kräfte und die Plünderung der Sozialkassen.

Es ist eine Politik des verordneten Niedergangs. Eine Politik, die den Hungerlohn sanktioniert, statt Arbeit unter würdigen Bedingungen zu fördern. "Die schönen Zeiten sind vorbei", sagte die Kanzlerin erst kürzlich wieder. Man möchte meinen, sie legt es drauf an.