Weltweiter Preiskampf

Das vom Medienkonzern Bertelsmann dominierte Tiefdruckunternehmen Prinovis will den kleinsten seiner fünf deutschen Standorte schließen. Betroffen sind 300 Beschäftigte in Darmstadt

Überkapazitäten prägen den Tiefdruckmarkt

Noch im Sommer hatte das Management des Tiefdruckunternehmens Prinovis in einer Betriebsversammlung in Darmstadt erklärt, dass an Schließungen derzeit nicht gedacht sei. Jetzt soll Darmstadt doch geschlossen werden. Langfristig wolle sich der Konzern auf drei Standorte konzentrieren. Noch produziert er in Ahrensburg, Itzehoe, Nürnberg, Dresden und Darmstadt mit insgesamt rund 3600 Beschäftigten.

Der Tiefdruck - hier werden Versandhauskataloge und Zeitschriften mit hoher Auflage gedruckt - ist in ganz Europa unter Druck. Die Unternehmen klagen über Konkurrenz aus dem Rollenoffset, über Preisverfall und Überkapazitäten. Tatsächlich gibt es zu viele Maschinen auf dem Markt, was zu einem Unterbietungswettbewerb führt. Die Unternehmen jagen sich die Kunden ab, um ihre Maschinen auszulasten - egal zu welchem Preis.

Ein hausgemachtes Problem, kritisiert Josef Peitz, bei ver.di Bundesfachgruppenleiter Verlage, Druck und Papier, denn in den vergangenen Jahren wurden in Europa 18 neue Tiefdruckmaschinen aufgestellt, meist ohne alte auszurangieren. So hat Prinovis in Nürnberg zwei neue Maschinen in Betrieb genommen, in Liverpool ein neues Werk mit vier Maschinen errichtet und dem englischen Marktführer Polestar bereits einen Großauftrag abgenommen. Prinovis wetteifert aber nicht nur mit Polestar. Seitdem die Medienunternehmen Bertelsmann, Axel Springer und Gruner & Jahr ihre Tiefdruckaktivitäten zusammenlegten und unter dem Namen Prinovis zu Europas Branchenprimus aufstiegen, kämpfen sie mit dem Branchenvize, der Schlott-Gruppe mit Sitz in Freudenstadt (Schwarzwald), um die Marktführerschaft.

Die Folgen dieses Preiskampfes unter Konzernen sind auch für die Beschäftigten spürbar. Polestar schließt ein Werk in England, der kanadische Druckkonzern Quebecor steht zum Verkauf, Prinovis macht Darmstadt dicht. Nicht genug: Die Belegschaften sollen profitablen Unternehmen mit Verzicht auf Arbeitsplätze und Einkommen zu den gewünschten Einsparungen verhelfen.

Keine kleinen Renditen

Was die Darmstädter besonders wütend macht, ist, dass Prinovis schwarze Zahlen schreibt und mit der Schließung des Werks elf Millionen Euro einsparen will. Der Jahresumsatz des Konzerns, der noch keine Bilanz vorgelegt hat, wird auf rund eine Milliarde Euro geschätzt. Mehrheitseigner Bertelsmann ist allerdings bekannt dafür, sich nicht mit kleinen Renditen zufrieden zu geben. Und zu den Aktionären der Schlott-Gruppe, die seit Jahren als Treiber des Konzentrationsprozesses auf dem Tiefdruckmarkt gilt, zählen Finanzinvestoren.

Die Schlott-Gruppe fährt ihr Programm der Kostensenkung über Entlassungen, Personalabbau und Tarifwechsel. Am härtesten trifft es Sebald-Druck in Nürnberg. 106 Kollegen sollen entlassen werden, 90 Einsteller, Rolleure und Helfer mit einem Tarifwechsel bis zu einem Viertel ihres Lohns verlieren. Die Pläne der Schlott-Gruppe bezeichnet ver.di-Tarifsekretär Andreas Fröhlich als "unsozial". Von den Belegschaften werde verlangt, die Expansionsgelüste eines führenden Tiefdruckkonzerns mit Entlassungen und Lohnverzicht zu bezahlen.

ver.di fordert einen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung. Man müsse sich nichts vormachen, sagt Betriebsrat Albert Knedlik, Schlott werde sich mit diesen Einschnitten nicht zufrieden geben. Die Nürnberger wollen den Entlassungen und Ausgliederungen nicht tatenlos zusehen. Doch noch ist der Konzern nicht bereit zu verhandeln.