Zwei weitere hessische Tageszeitungen stehlen sich aus der Tarifbindung

Was zunächst unter Verschluss gehalten werden sollte, ist nun heraus: Die beiden zum Madsack-Konzern gehörenden hessischen Tageszeitungen Oberhessische Presse (OP, Marburg) und Waldeckische Landeszeitung (Korbach) sind seit Anfang des Jahres in die OT-Mitgliedschaft des Hessischen Verlegerverbandes gewechselt, sind also ohne Tarifbindung. Zunächst wollten die Geschäftsleitungen keine Auskünfte geben, wurden aber selbst von ihrem Arbeitgeberverband darauf hingewiesen, dass das nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu Schwierigkeiten führt. Wenn der Übergang in den tariflosen Zustand nämlich nicht bekannt gegeben wird, können die bisherigen und gegebenenfalls auch neu abgeschlossenen Tarife Wirkung behalten. Das wäre peinlich geworden für die Arbeitgeber.

Anfang November hatte die Geschäftsleitung der Marburger OP zu einer Mitarbeiterversammlung eingeladen. Dort wurde deutlich, dass man keine Verhandlungen mit ver.di führen möchte. Vielmehr trage man sich mit der Vorstellung, Mitarbeiterausschüsse einzurichten. Hans-Jürgen Sitt, Betriebsratsvorsitzender bei der Oberhessischen Presse, sieht darin "eine Gegenveranstaltung zum Betriebsrat mit dem Ziel, die Interessenvertretung zu schwächen und die Gewerkschaft aus den betrieblichen Themen zu drängen". Ein Sprichwort sagt, getroffene Hunde bellen. Und die Geschäftsleitung bellte laut. Die Kolleg/innen der OP reagierten eher nachdenklich. Was die Geschäftsleitung als modern ausgibt, ist eine Flucht in die Vergangenheit vorgewerkschaftlicher Zeit.

Anfang Dezember, zur Konzernbetriebsratssitzung in Hannover, möchten die Betriebsräte beider Zeitungen eine Unterschriftensammlung vorlegen, die nur zwei Möglichkeiten anbietet: Rückkehr in die Tarifbindung oder Anerkennungstarifvertrag.RESCh