Die Zahl der Arbeitslosen steigt

Erstmals seit 81 Jahren ist die Frühjahrsbelebung in diesem März ausgeblieben. ver.di macht Vorschläge, wie die Konjunktur belebt und Arbeitsplätze geschaffen werden können

1928 wurden erstmals Arbeitslosenstatistiken aufgezeichnet. Seither war die Arbeitslosenzahl im März immer niedriger als im Vormonat. "Frühjahrsbelebung" sagen die Experten. Doch die ist in diesem Frühjahr ausgeblieben. 34000 Arbeitslose mehr als im Februar weist die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) aus, insgesamt 3586000 Frauen und Männer ohne Arbeit. Im Vergleich zum Vorjahresmonat waren es 78000 Menschen ohne Arbeit mehr. Nach Angaben des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) hatten laut der BA-Statistik im März 5,97 Millionen Menschen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Der Vorstandsvorsitzende der BA, Frank-J. Weise, erklärte die Situation folgendermaßen: "Der konjunkturelle Abschwung wirkt sich zunehmend auf den Arbeitsmarkt aus. Die drei wichtigsten Indikatoren des Arbeitsmarktes entwickelten sich negativ: Die Arbeitslosigkeit stieg, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nahm ab und die Arbeitskräftenachfrage ging weiter zurück." In einer Pressemitteilung der BA zu den Arbeitsmarktzahlen ist von einer "schweren Rezes- sion, in der sich die deutsche Wirtschaft befindet", die Rede.

Aufgefangen wird die Entwicklung durch die Kurzarbeit, allerdings ist auch hier der Anstieg dramatisch. 23992 Anmeldungen sind im März bei den Arbeitsagenturen eingegangen, betroffen davon wären 670437 Beschäftigte. Im Vorjahresmonat waren es 1052 Anträge für 12276 Menschen. Wie viele tatsächlich in Kurzarbeit gehen, wird später sichtbar, weil die Firmen erst zum Quartalsende melden müssen, inwieweit sie die Kurzarbeit in Anspruch genommen haben.

Experten gehen davon aus, dass die Krise noch lange dauern wird. Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske bezeichnet die Situation als "dramatisch". Um den Abschwung zu bremsen und Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen, wird ver.di Ende April Vorschläge für ein Konjunkturprogramm III vorlegen. 100 Milliarden Euro sollen dafür ausgegeben werden, 25 Milliarden Euro allein für ein arbeitsmarktpolitisches Sofortprogramm. Zwei Millionen Dauerarbeitsplätze sollen nach den ver.di-Vorstellungen durch das gesamte Programm geschaffen werden, tariflich und sozial abgesichert. Vor allem gedacht ist dabei an die Bereiche Erziehung und Bildung, Kranken- und Altenpflege. Hinzu kommen Arbeitsplätze, die durch einen sozial-ökologischen Umbau, vermehrte öffentliche Aufträge und Infrastrukturprojekte entstehen sollen.

Gleichzeitig fordert ver.di die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I zu verlängern, genauso wie die des Transferkurzarbeitergelds. Derzeit wird es höchstens für 18 Monate gezahlt, gesetzlich möglich wären zwei Jahre. Gleichzeitig setzt sich ver.di für eine krisenfeste Organisation von Ausbildungsplätzen ein. "Wenn die Wirtschaft jetzt noch weniger ausbildet, verlieren wir eine ganze Generation", sagt Bsirske, "eine Verlängerung der Altersteilzeitförderung als Beschäftigungsbrücke zwischen den Generationen wäre ein wichtiger Hebel zur Schaffung von Ausbildungsplätzen." Die geförderte Alterszeit soll Ende 2009 auslaufen.

Sollte der Arbeitsmarkt nicht schnell wieder in Schwung kommen, befürchten Experten bis zu fünf Millionen im Jahr 2010. Weil die Zahlung von Arbeitslosengeld I befristet ist, drohen viele Erwerbslose bei längerer Krisendauer in den Bezug von Arbeitslosengeld II zu rutschen. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Regierungsvorschlag der geplanten Reform der Jobcenter als kurzsichtig. Sie sollten als Zentren für Arbeit und Grund- sicherung verselbstständigt werden (ver.di publik 03_2009).

Mittlerweile ist dieser Vorschlag vom Tisch, allerdings nur, weil die CDU/CSU-Fraktion darüber zerstritten ist. "Es ist jedoch nicht akzeptabel, jede Initiative zur Neuorganisation der Arbeitsgemeinschaften (Argen) mit Blick auf die Wahl zu vertagen. Die Defizite müssen jetzt ernsthaft bearbeitet werden", sagt Evelyn Räder, beim ver.di-Bundesvorstand zuständig für den Bereich Arbeitsmarktpolitik. Sie erwartet Vorschläge der Politik, wie arbeitsmarktpolitische und sozialintegrative Leistungen vernetzt werden können.