Zeit ist Geld | In Zeiten steigender Arbeitslosenzahlen und einer großen Zahl an Kurzarbeiter/innen wird die Diskussion über Arbeitszeitverkürzung wieder besonders aktuell. Ein Thema ist sie jedoch schon länger. In dem jetzt vorgelegten Band werden sechs Vorträge einer Reihe der Arbeitnehmerkammer Bremen zu diesem Thema dokumentiert. Die sechs Vorträge beleuchten jeweils völlig unterschiedliche Aspekte. Rudolf Hickel, Direktor des Instituts für Arbeit und Wirtschaft (IAW) der Uni Bremen, argumentiert für ein besseres Leben für mehr Menschen. Helmut Spitzley und André Holtrup, ebenfalls Wissenschaftler am IAW, rechnen vor, dass eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden ausreicht, um Vollbeschäftigung zu erreichen. Hartmut Seifert vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass kürzere Arbeitszeiten zu höherer Produktivität führen. Damit wird deutlich, dass es viele fundierte Argumente gibt, um sich weiter für die Verkürzung einzusetzen. HLA Beate Zimpelmann / Hans-L. Endl (Hrsg.): Zeit ist Geld. Ökonomische, ökologische und soziale Grundlagen von Arbeitszeitverkürzung , VSA-Verlag, Hamburg, 144 Seiten, 11,80 Euro, ISBN 978-3899653243

Armut in einem reichen Land | Der Kölner Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge zeigt in seinem neuen Buch auf, wie Armut immer mehr zu einem Problem von Einzelnen gemacht wird - damit niemand auf die Idee kommt, es seien Umbrüche in unserer Gesellschaft erforderlich. In (Boule- vard-)Medien oder bei Politikern wie jüngst Guido Westerwelle (FDP) ist schnell von Abzockern die Rede, die den Sozialstaat ausnehmen oder es sich auf seine Kosten gemütlich machen. Der Begriff "Prekariat" verbirgt Arme hinter einem Wort, obwohl sie leider längst Alltag sind. So entsteht bei ihnen selbst das Gefühl, sie seien schuld an ihrer Situation. Butterwegge zeigt sie jedoch als Teil unseres Gesellschaftssystems: Je reicher Reiche werden, desto mehr brauchen sie die Armen. Denn viel Geld verdient sich nur auf Kosten anderer. Daher brauche Deutschland einschneidende Änderungen am System, um die soziale Ungleichheit zu beenden. Butterwegge argumentiert faktenreich und liefert in dem Buch zugleich eine Geschichte der Armutsbetrachtung und -forschung. HLA Christoph Butterwegge: Armut in einem reichen Land. Wie das Problem verharmlost und verdrängt wird, Campus-Verlag, Frankfurt/Main, 378 Seiten, 24,90 Euro, ISBN 978-3593388670

Auswege aus dem Kapitalismus | Der französische Sozialphilosoph André Gorz , der bereits im September 2007 gestorben ist, hat in seinen Aufsätzen die gegenwärtigen Entwicklungen schon vor Jahren treffend beschrieben: "Sollten die Kurse der Wall Street dauerhaft sinken (...) wird das weltweite Bankensystem wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen." Anders als die meisten Autoren beschreibt Gorz auch eine positive Zukunftsvision.

Die aktuelle Krise interpretiert er als Symptom für die Selbstzerstörung des Kapitalismus: Immer effektivere Maschinen produzieren immer mehr Waren mit immer weniger Personal. Dadurch werden die Produkte immer billiger. Damit die Profite nicht sinken, müssen die Marketingabteilungen ständig neuen Bedarf erzeugen, der anschließend durch Dinge gedeckt wird, die zuvor niemand vermisst hat.

Das Ende des Kapitalismus hat für Gorz schon begonnen, weil die Bedeutung von Wissen rapide ansteigt. Anders als materielle Waren ist Wissen vielfach nutzbar, ohne dass es dabei knapp wird. Zwar versuchen Konzerne, Informationen zu privatisieren, doch die Digitalisierung ermöglicht strukturell deren kostenlose, weltweite Verbreitung. Deshalb hat eine auf Wissen basierende Wirtschaft die Chance, Arbeit von ihrem Warencharakter zu befreien, schreibt Gorz. AJE André Gorz: Auswege aus dem Kapitalismus, Beiträge zur politischen Ökologie. Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer, Rotpunktverlag, Zürich, 128 Seiten, 16 Euro, ISBN 978-3858693914