In gemeinsamer Verantwortung | Nun ist es klar: In den nächsten vier Jahren wird Deutschland mit der Politik einer schwarz-gelben Koalition konfrontiert sein. Beschäftigten, Arbeitslosen, Rentner/innen und all denjenigen, die auf den Sozialstaat angewiesen sind, stehen harte Zeiten bevor. Aber wie ist die Bilanz von Schwarz-Rot? Um es kurz zu machen: Viel Gutes ist auch hier nicht zu berichten. Dies wird in den sieben Aufsätzen deutlich, in denen ausgewiesene Expert/innen die Entwicklung bei der Einkommens- und Vermögensverteilung, beim Niedriglohnsektor, im Gesundheitswesen und bei der Rente unter die Lupe nehmen. Eingebettet sind die thematischen Abhandlungen in eine Analyse des „unerwarteten Aufschwungs”, der bereits 2008 zunächst in den selbstverschuldeten Abschwung, dann wegen der Weltwirtschaft in den Absturz überging. Die Autor/innen machen deutlich, dass die Ursachen, die den Aufschwung so kurz und die Krise so tief werden ließen, bei weitem nicht überwunden sind. Deutliche Korrekturen sind nötig – nicht nur was die Re-Regulierung der Finanzmärkte angeht. Ob dies allerdings mit einer FDP möglich ist, deren Markenzeichen gerade der Ruf nach Deregulierung ist, erscheint nach Lektüre des Bandes mehr als fraglich. nr

Kai Eicker-Wolf, Stefan Körzell, Torsten Niechoj, Achim Truger (Hg.): In gemeinsamer Verantwortung. Die Sozial- und Wirtschaftspolitik der Großen Koalition 2005-2009, Metropolis-Verlag, Marburg, 2009, 249 Seiten, 19,80 €, ISBN 978-3895187476


Das Wirtschaftslexikon | Die aktuelle Krise hat völlig neue Begrifflichkeiten in die wirtschaftspolitische Diskussion gebracht. Wer hatte vorher schon von Bad Banks, CDOs, Verbriefung oder vom Leverage-Effekt gehört? Andere Begriffe – zum Beispiel Konjunkturprogramm, Keynesianische Theorie, Deficit Spending – galten als völlig veraltet und erleben plötzlich eine Renaissance. Einige Begriffe hatten noch keinen Einzug in Nachschlagewerke gefunden, andere nicht mehr oder nicht im Lichte aktueller Entwicklungen. Insofern schließt das Lexikon mit über 1 400 Stichwörtern eine große Lücke. Die Autoren – aktive und ehemalige Journalisten des WDR-Magazins Monitor sowie der Leiter des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Gustav Horn, – stehen für eine kritische Herangehensweise bei guter Verständlichkeit und hoher Fachkompetenz. Besonders anschaulich werden die Erläuterungen durch viele Querverweise und über 70 Tabellen und farbige Schaubilder. So werden Zusammenhänge deutlich. Abgerundet wird das Lexikon durch eine Serviceteil, in dem sich viele brauchbare Internetlinks finden und Zeittafeln der wirtschaftlichen Entwicklung von BRD und DDR. Insgesamt liegt nun ein handliches Nachschlagewerk vor, das zur Grundausstattung aller politisch Interessierten gehören sollte. nr

Volker Happe, Gustav Horn, Kim Otto: Das Wirtschaftslexikon. Begriffe – Zahlen – Zusammenhänge, Dietz-Verlag, Bonn, 2009, 18,80 €, ISBN 978-3801203719


Das Buch gegen Nazis | Was kann man gegen Nazis tun? Sicherlich mehr, als man glaubt. Aus einem Projekt der Wochenzeitschrift Die Zeit und der Bundeszentrale für politische Bildung ist dieses Buch entstanden. Übersichtlich gegliedert in die drei Bereiche „Wissen”, „Handeln“ und „Erkennen” liefert es Antworten auf 70 Fragen rund um den Rechtsextremismus. Gefragt wird, ob unter Adolf wirklich alles schlecht war, ob man über Nazis lachen darf oder was Patriotismus ist. Aber es geht auch um aktives Handeln, also die Organisation eines Konzerts gegen rechts oder die Frage, was man tun soll, wenn die beste Freundin die NPD wählt. Die Antworten sind verständlich und kurz geschrieben, teilweise sind es Interviews oder Sachtexte, die aber einprägsame Argumente liefern. Damit bietet das Buch einen guten Einstieg in das Thema, alltagsgerechte Hilfe mit hohem Praxisbezug. Der Erlös geht übrigens an den Cura-Fonds der Amadeu Antonio Stiftung, der Opfer rechtsextremer Gewalt unterstützt. hla

Holger Kulick, Toralf Staud (Hrsg.): Das Buch gegen Nazis. Rechtsextremismus – was man wissen muss und wie man sich wehren kann, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2009, 303 Seiten, 12,95 €, ISBN 978-3462041606


Die deutsche Revolution 1989 | Anlässlich des 20. Jahrestages des Mauerfalls liegt eine unüberschaubare Vielfalt an Publikationen auf dem Büchertisch. Der Historiker Wolfgang Schuller hat akribisch zusammengetragen, wo welche Akteure zum Ende des SED-Staats gewirkt haben. Deutlich wird, dass Wut und Mut letztlich vieler die Angst vor Repressionen überwinden half. Von der Ostsee bis zum Erzgebirge entlud sich seit dem Spätsommer 1989 an über 320 Orten der Frust über eine überforderte Partei- und Staatsführung. Schuller zeichnet eine Entwicklung nach, die mit unabhängigen Friedensgruppen 1980 begann, über Umweltaktivisten zum Protest gegen Wahlfälschungen führte, ständig begleitet von Repressionen staatlicherseits. Brutales Vorgehen gegen Demonstranten führte letztlich zum Anwachsen einer breiten Protestbewegung. Sie nannte sich unter anderem Neues Forum, Demokratie Jetzt, Demokratischer Aufbruch. Als die DDR-Führung sich am 40. Jahrestag der Staatsgründung von ihren Funktionären feiern ließ, waren Tausende auf den Straßen und protestierten friedlich – nicht nur in Berlin, auch in Plauen und vielen anderen Orten. Schuller macht deutlich: Eine friedvolle Revolution besiegelte binnen Kurzem das Ende eines Staates, der sich mit seiner Paranoia gegenüber dem eigenen Volk einem Abgrund zubewegte. Das Buch ist eine umfassende Chronik der Ereignisse, weniger Analyse, und Wolfgang Schuller zeichnet zuweilen schwarz-weiß. Insgesamt belegt das Buch, dass diese deutsche Revolution aus der Mitte des Volkes kam. gl

Wolfgang Schuller: Die deutsche Revolution 1989, Rowohlt Verlag, Berlin, 384 Seiten, 19,90 €, ISBN 978-3871345739