Von Petra Welzel

Anton Schlecker muss es richtig dreckig gehen. Anders können es sich seine 41 000 Beschäftigten in Deutschland nicht erklären, dass er zu Verhandlungen mit ver.di bereit ist. Verhandelt wird über einen Beschäftigungssicherungstarifvertrag, über einen Sozialtarifvertrag und über die Übernahme der Beschäftigten in den neuen XL-Filialen zu den gleichen Bedingungen, die das Stammpersonal hat. "Dass er dazu überhaupt bereit ist, das hatten wir im Traum nicht wirklich erwartet. Wer aber aus den selbstverschuldeten schlechten Schlagzeilen ́raus will, der ist wohl eher bereit zu verhandeln", sagt Achim Neumann, der ver.di-Sekretär, der die Arbeitnehmervertreterinnen, es sind fast ausschließlich Frauen, bei Schlecker betreut.

Anton Schlecker geht es tatsächlich dreckig. Und das nicht, weil er unlängst tausende Leiharbeiterinnen für die Hälfte des Lohns, den er nach Tarif zahlen muss, beschäftigte, und das sein Image in der Öffentlichkeit erneut nachhaltig geschädigt hat (ver.di PUBLIK berichtete). Anton Schlecker geht es finanziell dreckig. Und das, obwohl sein Privatvermögen auf rund 2,7 Milliarden Euro geschätzt wird. Fakt ist: Er zieht Kapital aus seinem Auslandsgeschäft ab. Möglicherweise, um sein Imperium in Deutschland auf sichere Füße zu stellen. Aus Belgien und den Niederlanden hat er sich inzwischen zurückgezogen. Als nächstes, wird vermutet, sollen in Luxemburg die Schlecker-Märkte schließen.

Raus aus der Defensive

Kerstin Eichhorn, 50 Jahre alt, arbeitet seit fast 15 Jahren für Schlecker. Sie ist heute Filialleiterin der Schlecker-Filiale in der Chausseestraße in Berlin Mitte. Es ist einer dieser typischen Schlecker-Märkte: Es gibt alles, was es in einer Drogerie geben muss. Auf kleiner Fläche stehen so viele Regale, dass man gerade noch einen Wagen durchschieben kann. Alles ist ordentlich sortiert, aber es ist eng im Laden. Es fehlen die Luft und das Licht, das die Rossmann- und dm-Märkte der Konkurrenz atmen und ausstrahlen, die immer mehr Kunden anziehen und bei Schlecker abziehen. Wie lange Kerstin Eichhorn ihren Laden noch wird leiten können, weiß sie nicht. In Berlin eröffnen jetzt die ersten XL-Filialen, "aber", sagt sie, "Schlecker wird kaum in der Mitte der Stadt so eine große Filiale aufmachen. Die Mieten sind hier viel zu hoch". dm hat längst einen Laden am Alexanderplatz, mittendrin. Das Unternehmen, das auf dem Vormarsch ist, kann sich die Mieten leisten. Schlecker hingegen befindet sich in der Defensive, muss sparen und gleichzeitig expandieren. Nach der ersten Verhandlungsrunde am 2. März ist daher auch nicht mehr herausgekommen als der Wille zu verhandeln.

"In allen Punkten liegen wir noch meilenweit auseinander", sagt Achim Neumann. Was am 31. März in der nächsten Runde herauskommen wird, ist so ungewiss wie die Zukunft des Unternehmens. Die Aktionen, die ver.di mit den Schlecker-Frauen zusammen veranstaltet, wie zum Internationalen Frauentag die prächtig ins Bild gesetzten roten Karten für Anton Schlecker vor dem Brandenburger Tor, werden daher fortgesetzt. Schlecker hört ja auch nicht auf, kleine Filialen zu schließen, Frauen zum halben Preis zu beschäftigen oder zu entlassen.