Junge Leute sollen die bestmögliche Ausbildung bekommen, da stimmen alle zu. Nur an der Frage, ob die Wirtschaft dafür private Berufsschulen braucht, scheiden sich die Geister. Weil Privatschulen Schulgeld kassieren und die Ausbildung sich von der an staatlichen Berufsschulen unterscheidet, sieht ver.di die Chancengleichheit für Auszubildende gefährdert. Der Berliner ver.di-Fachbereich Besondere Dienstleistungen hat sich deshalb mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Immobilienwirtschaft ihre Kaufleute an privaten Berufsschulen ausbilden soll. Um die Privatisierung der Erstausbildung in die Debatte zu bringen, lud der Fachbereich zum Rundtischgespräch ein.

Wer soll das bezahlen?

Ausbildungsverantwortliche, Unternehmensvertreter, Betriebsräte und Azubis diskutierten über das Projekt einer privaten Berufsschule für die Erstausbildung von Immobilienkaufleuten, das die Akademie der Immobilienwirtschaft e.V. und der Verband der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen gestartet hat. Schon 2006 waren unter Mitwirkung von ver.di Berufsbild und Ausbildungsrichtlinien für Immobilienkaufleute novelliert worden. In Berlin wird Grund- und Spezialwissen am Oberstufenzentrum Logistik, Tourismus, Immobilien und Steuern vermittelt. "Die Immobilienwirtschaft ist auf eine private Berufsschule nicht angewiesen", sagt Schulleiter Karl-Heinz Wolf, der mit schwierigen materiellen Bedingungen zu kämpfen hat. Staatliche Schulen bräuchten die gleichen Ressourcen wie die besser ausgestatteten privaten. ver.di-Sekretärin Barbara Tulke befürchtet eine Zwei-Klassen-Gesellschaft bei den Azubis, denn nur große Wohnungsunternehmen könnten es sich leisten, die Kosten für die "Privatbildung" ihrer Azubis - 80 bis 90 Euro im Monat - aufzubringen. Kleinen Verwaltungen und Familien dürfte das schwerfallen. "Eine private Berufsschule", sagt Barbara Tulke, "wird die soziale Spaltung beschleunigen. Wir wollen gleiche Chancen für alle und plädieren für die bessere Ausstattung der Oberstufenzentren und fachliche Kooperationen."

Bettina Erdmann