"Die TNT Post hat wohl Geld übrig", meint Herma Janssen sarkastisch. Sie leitet die TNT-Post-Kampagne in Nordrhein-Westfalen und kennt sich aus mit dem Geschäftsgebaren des holländischen Konkurrenten auf dem liberalisierten Markt der Briefdienstleister. Den Postmindestlohn von 9,80 beziehungsweise 8,40 Euro hat TNT in Deutschland nie gezahlt. Mit 7,50 oder 7,60 pro Stunde werden die Zusteller/innen abgespeist. Fast 370 Euro bleibt die TNT Post Regioservice GmbH, die sich immer noch als Start-up-Unternehmen bezeichnet, auf die Weise einem Vollzeitbeschäftigten in den alten Bundesländern monatlich schuldig. In Subunternehmen wird noch weniger gezahlt. "Auch bei Arbeitsmitteln wird gespart. Es gab nicht einmal überall ausreichend Winterkleidung", kritisiert die Projektleiterin, die mit einem wachsenden Stamm von Aktiven ein ver.di-Mitgliedernetzwerk aufbaut. Zugleich schöpfe TNT aus einer gefüllten "Kriegskasse" für Rechtsanwalts- und Prozesskosten, sagt Janssen.

Die Klage ist schon raus

Seit im Februar 2008 in Hamburg der erste TNT-Post-Betriebsrat gewählt wurde, bekämpft das Unternehmen mit hohem Aufwand jeden Versuch, weitere Interessenvertretungen zu wählen. Da werden, wie in Krefeld, Depots schnell in kleinere Einheiten aufgeteilt und Interessenvertreter unter Druck gesetzt. Doch nachdem das Landesarbeitsgericht Düsseldorf den schon Monate zuvor gewählten Krefelder Betriebsrat im Amt bestätigt hatte, wurde mit ver.di-Unterstützung im November 2009 ein Gesamtbetriebsrat mit Sitz in Hamburg gebildet. Der wiederum bestellte inzwischen Wahlvorstände für TNT Post Regioservice-Niederlassungen in Köln, Niederrhein-Moehrs und Mönchengladbach. Allen widerfuhr das gleiche Schicksal: Die Vertretungen erhielten Schreiben einer Rechtsanwaltskanzlei im Auftrag von TNT, in denen ihre Existenz glattweg bestritten wird. "Die Klage dagegen ist schon raus", erklärt der Krefelder Dieter Klever. "Das Arbeitsgericht wird uns als Wahlvorstand im Amt bestätigen." Bis dahin jedoch sei man blockiert. "Wir haben nicht mal Wählerlisten. Ich kann nur schätzen, dass etwa 200 Beschäftigte wahlberechtigt wären." Als Interessenvertreter kümmert sich Klever zugleich um Arbeitssicherheit und kämpft dagegen, dass das TNT-Depot in einem von Schimmel befallenen Gebäude untergebracht ist. Der Betriebsrat und Dieter Klever als Privatperson klagen auch gegen die von TNT verordneten "Pflichturlaubstage", die das Unternehmen seinen Beschäftigten nach Feiertagen zur Optimierung von Betriebsabläufen verordnet. "Die meisten Zusteller haben ohnehin nur 20 Tage Urlaub. Dass sie davon fast ein Viertel vom Arbeitgeber vorgeschrieben bekommen, ist gesetzwidrig", sagt Klever. Gerhard Czerwinski in Hamburg sagt, er sei guten Mutes, dass auch dem Gesamtbetriebsrat seine Existenz per Feststellungsklage bestätigt wird. "Dann kommen wir hoffentlich zur Sacharbeit." Der Gesamtbetriebsrat will weitere Wahlvorstände etablieren und hat Regelungen wegen der Arbeitszeitkonten im IT-Bereich und beim Datenschutz angemahnt. "Bislang verweigert sich TNT Post. Doch wir sitzen längst in den Startlöchern."

Helma Nehrlich