Ausgabe 05/2010
Besser nichts übereilen
17 deutsche Krankenkassen, darunter die DAK, kommen nicht mehr mit den Beiträgen ihrer Mitglieder aus und verlangen daher von ihren Versicherten einen Zusatzbeitrag von zumeist acht Euro - in dieser Höhe ist keine Einkommensprüfung nötig. Zwei Kassen verlangen gar ein Prozent des Einkommens bis zu maximal 37,50 Euro im Monat zusätzlich. Für Sozialhilfeempfänger, Bezieher einer Grundsicherung oder Heimbewohner, die ergänzende Sozialhilfe bekommen, übernimmt das Grundsicherungs- oder das Sozialamt die Zahlung. Bezieher von Arbeitslosengeld II müssen, abgesehen von Einzelfällen, den Zusatzbeitrag selbst tragen.
Das Gros der Krankenkassen verzichtet - noch - auf diese zusätzliche Einnahmequelle. Der Grund für die Begehrlichkeiten der Kassen liegt in dem immensen Defizit von 3,1 Milliarden Euro, das die deutschen Krankenkassen trotz staatlicher Zuschüsse noch in diesem Jahr erwarten.
Unterwegs zur Neuen
Kein Wunder also, wenn so manche/r Versicherte über den Wechsel zu einer neuen Kasse nachdenkt. Und prinzipiell steht dem auch nichts im Wege, da die Wahl der Kasse in Deutschland frei ist. Es genügt die persönliche schriftliche Kündigung innerhalb der gültigen Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende. Die Ausnahme: Wer bei seiner Kasse einen Wahltarif abgeschlossen hat, muss für drei Jahre bleiben. An die neue Kasse ist man dann für anderthalb Jahre gebunden, es sei denn, die neue Kasse erhebt erstmalig den Zusatzbeitrag oder erhöht ihn - dann hat die/der Versicherte ein Sonderkündigungsrecht. Soweit die rechtliche Lage.
Aber was bringt's?
Experten gehen davon aus, dass spätestens im Jahr 2011 sämtliche Kassen einen Zusatzbeitrag erheben müssen. Doris Pfeiffer, die Vorsitzende des Spitzenverbandes der Krankenkassen, rechnet sogar damit, dass es noch im Laufe des Jahres 2010 "in großem Maße" Zusatzbeiträge geben wird. Zwar lehnt ver.di die Zusatzbeiträge vehement ab, weil sie "das Einfallstor für die Kopfpauschale" sind. Zugleich rät die Gewerkschaft aber von einem vorschnellen Wechsel ab, um kurzfristig Geld - in den meisten Fällen handelt es sich um weniger als 100 Euro im Jahr - zu sparen. Herbert Weisbrod-Frey, bei ver.di verantwortlich für Gesundheitspolitik, gibt zu bedenken, dass auch die Leistungen der Kasse, ihre Erreichbarkeit und die Beratung im Krankheitsfall bei der Entscheidung berücksichtigt werden sollten. "Die Menschen müssen die für sie passende Krankenkasse frei wählen können. Die Zusatzbeiträge schränken dieses Recht ein und müssen deshalb wieder abgeschafft werden", fordert er. Uta von Schrenk