ver.di kritisiert den Gesetzentwurf. Viele Begriffe seien unbestimmt, wichtige Sachverhalte nicht weiter definiert und teilweise werden die Arbeitnehmerrechte eklatant verschlechtert

Mit Kameras hat Lidl Beschäftigte und dabei auch Kund/innen ausgespäht

von Heike Langenberg

Ende August hat das Bundesinnenministerium den Entwurf eines Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes vorlegt. Es ist kein eigenständiges Gesetz, zur Regelung des Datenschutzes von Beschäftigten wird das Bundesdatenschutzgesetz erweitert und ergänzt. Das ist einer der Kritikpunkte, die ver.di an dem Entwurf hat. "Als eigenständiges Gesetz hätte der Beschäftigtendatenschutz eine ganz andere Bedeutung bekommen", sagt Kerstin Jerchel von der Rechtsabteilung des ver.di-Bundesvorstands. Zum Beispiel hätte durch eine Aushangpflicht mehr Transparenz für die Beschäftigten geschaffen werden können.

Doch die Kritik von ver.di reicht weiter. Zu unbestimmt seien die Begriffe. Häufig sei von Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit die Rede oder von betrieblichen Gründen für die Erhebung von Daten, ohne diese Begriffe näher zu definieren. Klare eindeutige Vorschriften zu einer Begrenzung der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Beschäftigtendaten und zum Schutz des Persönlichkeitsrechts fehlten ebenso.

Kamera-Hinweis reicht aus

Videoaufnahmen in Sanitärräumen oder Umkleiden seien zwar verboten, für andere Räume reiche es allerdings aus, wenn der Arbeitgeber auf einem Schild darauf hinweist. Dass der Betriebsrat in solchen Fällen gefragt werden muss, sagt das Gesetz nicht. "Das Gesetz enthält keine Stärkung der Mitbestimmungsrechte oder der Befugnisse der betrieblichen Datenschutzbeauftragten", kritisiert Jerchel. Dabei hätten zurückliegende Datenschutzskandale, sei es bei Lidl, der Telekom oder der Deutschen Bahn, gezeigt, dass dies wichtig gewesen wäre.

Auch der Paragraf im Gesetzentwurf, der der Korruptionsbekämpfung dienen soll, ist tückisch. Danach darf der Arbeitgeber selbst ermitteln, wenn der Verdacht auf Straftaten oder andere schwerwiegende Pflichtverletzungen besteht. "Damit wäre ein Vorgehen wie bei der Deutschen Bahn gedeckt", sagt Jerchel. Damals hatte das Unternehmen zahlreiche Daten von Lieferanten und Beschäftigten abgeglichen. Jerchel geht aber davon aus, dass der neue Paragraf auch bei Verdachtskündigungen angewendet werden kann - und damit diesen Vorschub geleistet wird.

Der Entwurf ermöglicht ärztliche Untersuchungen und Eignungstests durch den Arbeitgeber vor und - das ist neu - auch während des Beschäftigungsverhältnisses. "Damit verschlechtert der Gesetzentwurf Arbeitnehmerrechte eklatant", sagt Jerchel. Sie befürchtet, dass durch die missbräuchliche Nutzung arbeitsmedizinischer Untersuchungen unliebsame oder leistungsschwächere Beschäftigte künftig stark unter Druck gesetzt werden können.

Telekommunikationsdaten wie E-Mail oder die Internetnutzung können nach dem Gesetzentwurf anlassbezogen auch stichprobenweise zwecks Verhaltungs- und Leistungskontrolle ausgewertet werden. Auch hier seien die Formulierungen "schwammig", sagt Jerchel: "Beim Datenschutz kann es nicht darum gehen, die Persönlichkeitsrechte auf eine Ebene zu stellen mit den Eigentumsrechten oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers."