Aktive Mittagspausen, Proteste, Kundgebungen − in ganz Deutschland kämpfen Telekom-Mitarbeiter um den Erhalt ihrer wohnortnahen Arbeitsplätze. Der Grund: Nach der erfolgten Umstrukturierung des Callcenter-Bereichs beabsichtigt das Unternehmen, die Standorte des Geschäftskundenvertriebs (VSD) von bundesweit 113 auf neun "Zukunftsstandorte" zu reduzieren. Im IT-Bereich soll die Arbeit von bisher 96 Standorten an fünf Stellen gebündelt werden. Wenn es nach der Telekom geht, sollen rund 5000 Beschäftigte bis 2012 ihren Arbeitsort wechseln.

Scheinheiligkeit in Bayern

In der Werbung der Telekom heißt es: "Nah am Kunden". In Wahrheit entfernt sich der Service jedoch immer weiter vom Objekt seiner Begierde. Zum Beispiel in der Telekom-Region Süd: Noch unterhält das Unternehmen bayernweit zwölf VSD-Standorte. Neun davon sollen auf der Strecke bleiben, die Mitarbeiter aus Kempten, Landshut, Rosenheim, Traunstein, Bad Kissingen, Bamberg, Bayreuth, Regensburg und Würzburg sollen künftig nach Augsburg oder Nürnberg pendeln. Werner Kuchler, Betriebsratsvorsitzender der Region Süd, sagt: "Von 1350 Mitarbeitern im Geschäftskundenvertrieb sollen 800 auf die Reise gehen." Grotesk sei die Situation in München: Erst vor fünf Jahren wurde der Standort großzügig ausgebaut, seit Oktober 2010 sogar mit Kindergarten, nun sollen 350 der 450 Beschäftigten nach Augsburg versetzt werden. Kuchler ist sicher: "Wenn die Telekom behauptet, keine Rationalisierung im Hinterkopf zu haben, ist das Scheinheiligkeit in Vollendung." Viele könnten das Angebot gar nicht annehmen. Es sei schon für Vollzeitmitarbeiter oft nicht möglich, für die überwiegend weiblichen Teilzeitkräfte und die Schwerbehinderten aber sei es unzumutbar.

Das wollen sich die Mitarbeiter nicht gefallen lassen. "Vor allem in den aktiven Mittagspausen wird demonstriert", sagt Kuchler. So erinnerte in Würzburg der "Salami-Aufschnitt" an die Salami-Taktik des Konzerns, in München wurden 1000 Luftballons auf die Reise geschickt, im Allgäu gab es ein "Kässpatzenessen". Der Arbeitgeber habe den Widerstand der Betroffenen und die Solidarität vermeintlich nicht gefährdeter Mitarbeiter unterschätzt, vermutet Kuchler. Aber die wissen: "Heute ihr, morgen wir." Stefan Conrad ist Betriebsratsvorsitzender der Flächenregion Ost. Dort sollen nur Berlin und Leipzig als Standorte bleiben. "Etwa 300 Kolleginnen und Kollegen sind direkt betroffen", sagt Conrad. Die Stimmung reiche von Wut bis Verzweiflung.

Offiziell gibt sich die Geschäftsleitung ungerührt. "Wir merken aber, dass die Proteste Eindruck machen", sagt Conrad. Es bleibe bei der Forderung, dass die neue Landkarte der Telekom verschwinden muss. Auch Kuchler stellt fest: "Der Druck bewirkt etwas. René Obermann sprach von notwendigen Nachbesserungen." Unterstützt werden die Telekom-Mitarbeiter/innen von der lokalen Politik. Für den Januar hat der Oberbürgermeister von Trier zu einer Städteinitiative aufgerufen, bei der René Obermann Rede und Antwort stehen soll. In der Bundespolitik stellt Die Linke die Absichten der Telekom in Frage.

Und es gibt weiter Proteste. Die Sitzung des Gesamtbetriebsrats am 30. November in Berlin wurde von einer Kundgebung begleitet. Am 15. und 16. Dezember tagen die Telekom-Aufsichtsräte, auch die Standortpläne des Konzerns sind dann Thema.

Ute Christina Bauer

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