Wenn man mit Mohammad-Mehdi Schahidi redet, spürt man, dass er von humanistischen Idealen geleitet wird. Der 64-jährige Iraner ist überzeugter Sozialist und Gewerkschafter. 1971 ist er nach Deutschland gekommen. Er lebt in Frankfurt am Main. Die deutsche Staatsangehörigkeit hat er bis heute nicht, das hat ihn aber nie gehindert, sich in soziale und politische Auseinandersetzungen einzumischen - auch in der Gewerkschaft.

"Iran ist ein Agrarland", sagt Schahidi, "darum habe ich in Göttingen Agrarwissenschaft studiert und bin 1983 Diplom-Agraringenieur geworden." Irgendwann wollte er der iranischen Bevölkerung mit seinem Wissen helfen. Doch an Rückkehr war nie zu denken: Gegen beide Systeme, das frühere Schah-Regime und die jetzige Islamische Republik, war er immer in der Opposition. Doch in Deutschland bekam er keine Möglichkeit, in seinem Beruf zu arbeiten, "weil ich Ausländer war. Die haben bis heute geringere Aussichten auf angemessene Arbeit als die Deutschen." Geregelte Arbeit fand er 1989 bei der Post, als Kraftfahrer. Und ließ sich in den Betriebsrat wählen. Es waren schwierige Zeiten: "Auf der einen Seite haben wir die Interessen der Kollegen vertreten, auf der anderen Seite das Miteinander zwischen Ausländern und Inländern organisiert."

Schahidi ist heute im Ruhestand. Wenn er zurückdenkt, erinnert er sich auch an die Morde beim Solinger Anschlag von 1993, den Höhepunkt einer Welle fremdenfeindlicher Anschläge auf Menschen nicht-deutscher Herkunft in Deutschland. Danach gründete er mit Kollegen im Betrieb eine "Ausländer-Inländer-Organisation", um ein Klima des Vertrauens zu schaffen. Seit 2007 ist er auch auf Bundesebene bei ver.di im Bereich Migration aktiv. "Das Mittelmeer ist ein Grab für Menschen, die aus politischen und wirtschaftlichen Gründen ihre Heimat verlassen", sagt Schahidi leidenschaftlich. Deshalb kümmert er sich gemeinsam mit anderen Aktiven in der ver.di-Beratungsstelle in Frankfurt am Main um Menschen ohne Papiere. "Eine Million Menschen leben ohne Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland", schätzt Mohammad-Mehdi Schahidi, "es ist eine Aufgabe der Gewerkschaft, diese Menschen zu schützen." Wenn er Möglichkeiten dazu sieht, unterstützt er jedoch auch die unabhängige Gewerkschaftsbewegung im Iran, etwa die Transportarbeitergewerkschaft in Teheran und die Gewerkschaft der Zuckerfabriken in Haft Tapeh. Kambiz Behbahani