Als Frank Puskarev und seine Kolleg/innen im Herbst 2009 bei ihrer Einstellung im Auftrag ihres Arbeitgebers zur medizinischen Untersuchung eingeladen wurden, staunten die Assistent/innen des Europäischen Parlaments nicht schlecht. In einem Fragebogen sollten sie detaillierte Angaben zu persönlichen Krankheiten auch in ihrer Familie machen. Gefragt wird zum Beispiel, ob und, wenn ja, warum sie bereits einen Neurologen oder Psychiater konsultiert hätten, ob ein chirurgischer Eingriff in naher Zukunft nötig sei, und bei Frauen, wann die letzte Menstruation gewesen sei. Auch nach dem Lebensstil wurde gefragt.

"Ungewöhnlich", nennt Puskarev, der als Assistent für den Abgeordneten Thomas Händel von der Linkspartei arbeitet, die Fragen diplomatisch. Ein Einspruch beim Europäischen Parlament blieb ohne Erfolg. Das Verfahren sei in Ordnung, sogar der Europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx habe zugestimmt. Mittlerweile hat sich allerdings herausgestellt, dass der den Fragebogen in der jetzt verwendeten Form gar nicht kennt. Ihm war im notwendigen Zulassungsverfahren eine andere Fassung vorgelegt worden.

Bislang haben zirka 280 der insgesamt rund 1700 Assistent/innen die Untersuchung verweigert. Doch das Europäische Parlament macht Druck. Sollten die Verweigerer bis Ende April immer noch nicht bei der Untersuchung gewesen sein, werden sie gekündigt. Jetzt will Frank Puskarev mit zwei weiteren Kolleg/innen mit Hilfe des ver.di-Rechtsschutzes vor dem Europäischen Gerichtshof klagen.

Völlig überzogen

Puskarev, der zugleich Mitglied im Personalrat aller Assistent/innen im Europarlament ist, weist darauf hin, dass es ihm nicht um eine Totalverweigerung geht. Allerdings sei es überzogen, die Assistent/innen nach den gleichen Kriterien einzustellen wie Beamt/innen. Sie würden schließlich nur befristet für die Dauer einer Legislaturperiode eingestellt. Assistent/innen organisieren das Büro eines Abgeordneten. Außerdem arbeiten sie an deren inhaltlicher Arbeit mit, bereiten unter anderem Stellungnahmen vor und erstellen Pressemitteilungen.

Bis zur Europa-Wahl im Juni 2009 konnten die Abgeordneten ihre Assistent/innen selbst einstellen, nach jeweiligem nationalen Recht. Jetzt stellt sie das EU-Parlament auf Wunsch eines Abgeordneten ein. Ein neues rechtliches Statut, für das sie lange gekämpft haben, sichert ihnen jetzt einen Tarifvertrag mit einheitlicher Bezahlung, verlangt aber die standardisierte Pflichtuntersuchung. Die bei der Untersuchung erhobenen Daten sollen 30 Jahre gespeichert werden - und das, obwohl eine Legislatur nur fünf Jahre dauert.

Es sei verständlich, dass die Assistent/innen des Europaparlaments verärgert und verunsichert seien, so der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske. "Europäische Datenschutz-Richtlinien gelten auch und besonders für die Beschäftigten auf EU-Ebene, und nach unserer Auffassung liegt hier ein klarer Verstoß gegen diese vor." Er fordert die Verantwortlichen im Europäischen Parlament eindringlich auf, sich an die geltenden Bestimmungen zu halten und das Verfahren entsprechend anzupassen. hla