Ausgabe 10/2011
Im Norden wächst der Unmut
In fast allen ver.di-Landesbezirken ist die Tarifrunde im Einzelhandel mit vergleichbaren Abschlüssen beendet. Nicht so in Mecklenburg-Vorpommern, dort ist immer noch kein Tarifvertrag in Sicht. Bei der zweiten Verhandlungsrunde am 9. September präsentierten die Arbeitgeber unzumutbare Forderungen. Ob die beim nächsten Termin am 28. Oktober vom Tisch sind, hängt auch von der Aktivität der Beschäftigten ab.
Daniela Kawohl ist Betriebsratsvorsitzende bei H&M in Stralsund. Sie war schon oft mit ihren Kolleginnen für bessere Arbeitsbedingungen auf der Straße, doch die laufende Tarifrunde lässt sie fast verzweifeln: "Wir haben uns zu lange zu viel gefallen lassen. Nun glauben die Arbeitgeber, sie könnten alles mit uns machen." Statt einer Annäherung an Arbeitsbedingungen und Bezahlung in den anderen Ländern droht den Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern, weiter abgekoppelt zu werden. "Die Arbeitgeber wollen die Funktionszulage für Kassiererinnen in eine Erschwerniszulage umwandeln. Das würde für Teilzeitbeschäftigte einen Lohnverlust von vier Prozent bedeuten", erklärt Conny Töpfer, stellvertretende Landesleiterin von ver.di Nord. Außerdem sollen alle Aushilfskräfte, die bis zu drei Monaten in den Läden beschäftigt werden, 15 Prozent weniger erhalten. Auch von der einheitlichen Urlaubsregelung von 36 Tagen, was nach dem Allgemeinen Gleichheitsgesetz zwingend ist, wollen die Arbeitgeber nichts wissen. "Natürlich können die Kolleginnen auf Gleichbehandlung beim Urlaub klagen. Doch dieser Punkt sollte auch bei uns tariflich geregelt werden", sagt Daniela Kawohl. Auch die Forderung der Arbeitgeber, die Löhne für Aushilfen zu senken, empört die H&M-Betriebsrätin. "Das würde uns treffen; während der Saison arbeiten bei uns viele Aushilfen." Die Stralsunderin und ihre Kolleginnen aus der Filiale werden sich bis zum dritten Verhandlungstermin an Aktionen beteiligen. "Leider haben wir aber nicht sehr viele Einzelhandelsgeschäfte mit starken Betriebsräten."
In Rostock sieht es besser aus. "Es gibt Betriebsversammlungen, Arbeitskampfabstimmungen und betriebliche Aktionen", sagt Conny Töpfer. Die Wut der Beschäftigten sei groß. "Doch um einen akzeptablen Tarifvertrag werden wir kämpfen müssen." Gudrun Giese