Ohne Bodenverkehrsdienste läuft nichts an den Flughäfen

Kein Koffer im Laderaum, das Frachtgut nicht verzurrt - wenn die Bodenverkehrsdienste (BVD) an den Flughäfen nicht arbeiten, wirkt sich das sofort aus. Das bekamen auch Passagiere an deutschen und österreichischen Flughäfen Mitte Oktober zu spüren. Die Beschäftigten der Bodenverkehrsdienste besuchten am 10. Oktober Betriebsversammlungen, um sich über einen Entwurf der Europäischen Kommission zu informieren, die die Bodenverkehrsdienstrichtlinie erneut überarbeiten will.

Es geht um ihre Zukunft. Schon seit langem leiden die Beschäftigten unter den Auswirkungen einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 1996, die für Wettbewerb auf den Flughäfen sorgen sollte. Doch die Erfahrungen mit der Richtlinie zeigen, dass der Wettbewerb allein über den Preis und nicht über die Qualität der Dienstleistungen ausgetragen wird. Mit der Richtlinie aus dem Jahr 1996, die seit 2001 endgültig in deutsches Recht umgesetzt wurde, sind mehr Abfertigungsfirmen an deutschen Flughäfen zugelassen. Diese Firmen kümmern sich um Vorfelddienste wie Flugzeugabfertigung und die Beförderung von Gepäck und Passagieren, aber auch um Gepäck-, Fracht- und Passagierhandling.

"Seit der Marktöffnung setzen die Fluggesellschaften Preissenkungen durch. Zudem kommt es immer wieder zu einem Wechsel der Vertragspartner. Schätzungen ergeben, dass die Dienstleistungspreise um zirka 30 Prozent gesunken sind", heißt es in einer Stellungnahme der ver.di-Fachgruppe Luftverkehr. Das wirkt sich vor allem auf die Löhne der Beschäftigten aus.

Zunahme der Leiharbeit

Da werden Tochterunternehmen ohne Tarifbindung gegründet, die Leiharbeit mit Stundenlöhnen zwischen 7,50 und acht Euro sowie befristete Verträge nehmen zu. Nach einer Aufstellung der ver.di-Fachgruppe Luftverkehr lag der Anteil der Leiharbeiter/innen am Flughafen Nürnberg 2010 bei 58 Prozent, in Hamburg bei 24 und in Köln bei 23 Prozent. 1996 waren an all diesen Flughäfen noch weniger als ein Prozent der BVD-Beschäftigten Leiharbeiter. Bei vielen Arbeitsplätzen gab es Reallohnverluste, besonders betroffen waren neu eingestellte Beschäftigte.

Mit dem Verweis auf die neue Konkurrenz konnten die Arbeitgeber durchsetzen, dass bestehende Tarifverträge verschlechtert wurden. Ralf Krüger, freigestelltes Mitglied des Gemeinschaftsbetriebsrats der Flughafen München GmbH und der Aeroground GmbH, berichtet, dass der Betriebsrat dort erreichen konnte, dass die Kollegen, die schon lange im BVD arbeiten, nicht komplett outgesourct wurden und zumindest ihren Besitzstand wahren konnten. Dafür mussten sie allerdings seit 1996 vier Lohnsenkungsrunden in Kauf nehmen. Und neu eingestellt wird nur zu schlechteren Bedingungen.

Geringer Teil der Kosten

Über die Begründung der EU, mit der Richtlinie mehr Wettbewerb schaffen zu wollen, kann Krüger nur lachen. Die Flughäfen in Europa lägen so nah beieinander, dass es schon immer eine große Konkurrenz gegeben habe. Die Abfertigungskosten machten zwar nur einen geringen Anteil an den Flugkosten aus, sie seien aber der einzige Teil, der von den Fluggesellschaften zu beeinflussen sei. So werde häufig versucht, Kerosinpreiserhöhungen oder höhere Start- und Landegebühren darüber auszugleichen.

Dazu will die Europäische Kommission den Fluggesellschaften in Zukunft noch mehr Spielraum geben. Im September ist der neue Entwurf der EU-Generaldirektion Verkehr dazu bekannt geworden. Ein grundsätzlich freier Marktzugang, die Beauftragung von Subunternehmen sowie die juristische Trennung von Bodenverkehrsdiensten der Fluggesellschaften von ihren anderen Tätigkeiten sollen danach möglich sein.

"Die schon eingetretenen negativen sozialen Folgen würden durch die von der Generaldirektion Verkehr vorgeschlagenen Maßnahmen noch verschärft", sagt Ingo Kronsfoth von der ver.di-Fachgruppe Luftverkehr. Daher fordert ver.di eine Regelung, die die Anwendung eines repräsentativen Tarifvertrags zur Vorraussetzung für den Erhalt eines Auftrags macht. Verpflichtend soll werden, dass beim Wechsel von Dienstleistern Regelungen zum Personalübergang gelten. Und eine ausreichende Qualifikation der Beschäftigten soll vorgeschrieben werden. Hier habe die Vergangenheit gezeigt, dass es daran bei den billigeren Anbietern oft mangele, sagt Ralf Krüger. Bleibt die Europäische Kommission bei ihren Plänen, werden die europäischen Gewerkschaften für den November zu weiteren Aktionen aufrufen.

http://bvd.verdi.de