Ausgabe 01/2012
Ein Kreuz für jeden bedrohten Job
Das Geschäft mit den Versicherungen brummt. Die drittgrößte deutsche Versicherungsgruppe Talanx konnte ihren Gewinn 2011 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppeln. Unterm Strich standen nach neun Monaten 329 Millionen Euro, im Jahr davor waren es noch 115 Millionen. Anfang des Jahres kaufte die Talanx-Gruppe prompt zwei Versicherer in Polen auf, zuletzt für 770 Millionen Euro die Firma Warta. Trotzdem sollen voraussichtlich 1 500 Stellen in Deutschland gestrichen werden, vornehmlich im Bereich der Schadensregulierung bei der HDI-Gerling.
Erklärtes Ziel des Unternehmens: 250 Millionen Euro sollen in Deutschland eingespart werden. Das Motto, unter dem die sogenannte Restrukturierung des Konzerns steht, heißt "WIR". Zynismus, auch wenn die drei Buchstaben für "Wachstum-Innovation-Resultate" stehen sollen. Dass eine Umstrukturierung des Konzerns kommt, davon geht verdi-Unternehmensbetreuer Gerald Herrmann aus. "Aber die muss sozialverträglich aussehen", sagt er.
Weltweit arbeiten rund 18.000 Beschäftigte für Talanx, in Deutschland sind es 11.000 an 13 Standorten. Drei bis fünf davon sollen ganz geschlossen werden, vermutet Christina Förster von ver.di Berlin. Der Standort Saarbrücken soll dazu zählen. Genaues weiß sie jedoch ebenso wenig wie Gerald Herrmann. Die Firmenleitung hat zwar in den letzten Wochen an fast allen Standorten zu Mitarbeiterversammlungen geladen. "Doch erfahren haben wir nichts Konkretes", sagt Förster, "die haben nur versucht, alle zu beruhigen."
Leicht geschockt waren die Arbeitgeber dann von den Berliner Beschäftigten, die zur Versammlung in schwarzer Trauerkleidung erschienen. Auf jedem zweiten Stuhl stand ein Kreuz, denn bei den rund 140 Beschäftigten im Berliner Innendienst soll jede zweite Stelle wegfallen, nimmt Christina Förster an. Für ver.di ist klar: "So wollen WIR das nicht!" Die Gewerkschaft fordert gemeinsam mit den Betriebsräten des Talanx-Konzerns ein sozial tragfähiges Konzept. Vielleicht wird das Mitte Februar vorgelegt. Dann trifft sich der Gesamtbetriebsrat mit der Konzernspitze. Karin Flothmann