Was gibt’s denn da zu lachen

Von Jenny Mansch

ver.di-Bildungszentrum, Berlin Wannsee: Rund 30 Teilnehmer/innen sind der Einladung zum Seminar von Katrin Hansmeier gefolgt und gespannt, was sie erwartet. „Humor in der Gewerkschaftsarbeit“ ist das Thema. Zugegeben, da ist zunächst etwas Phantasie gefordert. Denn was ist schon amüsant beim Kampf um gute Arbeit, besseren Lohn und würdevolle Arbeitsbedingungen?

Humorvoller Umgang mit Widerstand

Die ver.di-Seniorin Heidi Smolarz kümmert sich im Bezirk Berlin-Brandenburg um das Projekt Silberstreif und leitet Internetkurse für Senioren. Einen eigenen Sinn für Humor, klar, den hat sie: „Mir gefallen auch die Karikaturen in einigen ver.di-Blättern. Humor ist für mich unbedingt wichtig“, sagt die ehemalige Programmiererin. „Auf eine lockere Stimmung kommt es an.“ Außerdem habe sie gelesen, dass es ähnliche Seminare für Manager gibt. Da sei es doch prima, wenn auch Gewerkschafter den gezielten Einsatz von Humor lernen könnten.

Die Schauspielerin Katrin Hansmeier, die selbst aus einer eingefleischten Gewerkschafterfamilie kommt, coacht regelmäßig Betriebs- und Personalräte und arbeitet mit Teamer/innen. Sofern sie nicht gerade auf einer Theaterbühne steht. Das heutige Seminar hat die junge Frau als Vortrag mit verschiedenen Übungen für die Teilnehmer/innen konzipiert. In einigen Wochen wird darauf ein Workshop aufbauen. „Es geht darum, sich erst einmal das Wesen, die Möglichkeiten und die Grenzen des eigenen Humors bewusst zu machen und dann im Alltag verschiedene Möglichkeiten spielerisch einzuüben“, erklärt Hansmeier im Vorgespräch. Schnell habe man dann den Bogen raus, wo Humor deeskalierend, befreiend oder auch unnötig wirken kann. Voraussetzung dafür sei generell die Bereitschaft, sich auf den anderen einzulassen, anstatt die Gegenmeinung zu blockieren.

Eine solche Technik ermögliche es, souveräner auf ein Mitglied zu reagieren, das seiner Wut beispielsweise über den Streik des öffentlichen Nahverkehrs Luft macht. Nimmt man den Widerstand erst einmal positiv an, habe man Luft, um wohlwollende Gegenangebote zu machen, bis man eine gemeinsame Ebene gefunden hat. Zum Beispiel, indem man den Erbosten darauf hinweist, dass er nach dem Streik von besser bezahlten und noch freundlicheren Beschäftigten gefahren wird, und dies letztlich auch seine Lebensqualität erhöht. „Das muss einem dann aber erst mal einfallen“, kommt es aus der Gruppe.

Mit einer Übung wird geprobt, wie es sich anfühlt, wenn man selbst dauernd blockiert wird. Und wie anstrengend es ist, immer wieder freundliche Gegenangebote draufsetzen zu müssen, bis man den andern zum Beispiel vom wütenden Austritt aus der Gewerkschaft abgehalten hat.

Humorschüler Sigi Grittmann (l.) und Tibor Pirschel von ver.di

Richtig laut bei der Schlagfertigkeitsübung

Jeweils zwei Personen stehen sich gegenüber, die eine macht ein Angebot, die andere soll es konsequent boykottieren, woraufhin erstere immer wieder neue freundliche Lösungsvorschläge machen soll. Schon nach wenigen Minuten sind alle erschöpft. „Es ist unheimlich anstrengend, wenn einer zu allem Nein sagt“, stöhnt eine Teilnehmerin. Zur Belohnung verteilt Katrin Hansmeier Ahoi-Brause und Magic Gum: „Das knallt auf der Zunge. Leg den mal bei Stress in den Mund und dann reg dich auf.“ Alles lacht. Man resümiert, das Unterbreiten immer neuer Vorschläge sei zwar anstrengend. Es fühle sich aber effektiv an, da dauernd neue Ideen kreiert würden.

Richtig laut im Raum wird es schließlich bei der Schlagfertigkeitsübung. Jeweils ein „Paar“ geht zu einem „Eheberater“ und trägt das Eheproblem vor. Allerdings sollen die beiden ihre Sätze gemeinsam formulieren, indem jeder abwechselnd nur ein Wort sagt. Plötzlich gibt es keine Substantive und Verben mehr. „Du-hast-mich-aber-nie-auch-nur-einmal...“, die Paare kommen nicht zu Potte. Man sieht den roten Köpfen die Konzentration an auf das, was der andere sagt. „Scheitern als Chance“, sagt jemand und lacht.

Im Alltag fleißig üben

Schließlich schlägt Katrin Hansmeier eine Hausaufgabe für die Teilnehmer vor. Sie empfiehlt das Führen eines Humortagebuchs, mit Notizen darüber, was man lustig fand oder worüber andere gelacht haben. „Das schärft den Sinn auch für die Grenzen des Humors“, erklärt sie, „und man verfügt bald über ein eigenes Humorkonto, von dem man immer mehr abheben kann”. Gut sei der Humor dann, wenn er das Gegenüber in einem günstigen Licht dastehen lasse. Ja, nicken die Teilnehmer, das habe man bei den Übungen zu spüren bekommen.

Am Ende der zwei Stunden sind alle erstaunt, wieviel man über Humor und seinen professionellen Einsatz lernen kann und noch muss. Die Personalrätinnen Kerstin Nitzsche und Werina Neumann aus der Landkreisverwaltung Teltow/Fläming fahren jeden Morgen gemeinsam zur Arbeit. Sie haben sich vorgenommen, von jetzt an jeden Tag im Auto mithilfe der Blockade- und Schlagfertigkeits-Übungen an ihrer Humorkompetenz zu arbeiten. Sie freuen sich über die praktischen Anregungen, die Hansmeier verteilt. „Die Königsdisziplin beim Humor aber“, verabschiedet Katrin Hansmeier die Runde, „ist die Begeisterung für Kritik. Und zwar an sich selbst.“ Auch diese Erkenntnis knallt ein bisschen wie ein Magic Gum.


Katrin Hansmeier

Katrin Hansmeier ist Diplom-Schauspielerin und Humor- und Kommunikationstrainerin am Deutschen Institut für Humor sowie Personal Coach für Körper, Stimme und Rhetorik.

Wenn sie nicht grade auf der Bühne steht, gibt sie bundesweit Seminare. Die Bandbreite ihres Konzepts reicht von der Kunst der Anekdote bis hin zur gezielten Stressbewältigung durch humorvolle Strategien. Die ver.dianerin ist biographisch eng mit der Gewerkschaft verbunden und wird am 1. Mai auf der Hauptbühne in Berlin ein kurzes Programm zum Besten geben.

Ihre Seminare, Vorträge und Coachings kann man buchen unter: katrin.hansmeier@humorinstitut.de oder unter der Tel. 0341 / 4811848www.humorinstitut.de