Migration ist kein Verbrechen, weiß Paddington, der Bär aus Peru

Nachts ist das vom Abriss bedrohte Import-Export im Münchner Bahnhofsviertel ein angesagter Szene-Ort. Jeden Dienstag früh sieht das anders aus: Ein Heizlüfter pustet etwas Wärme in den abgenutzten Raum. Den Männern, Frauen und Kindern, die sich unter der Diskokugel versammeln, ist trotzdem kalt.

Seit zweieinhalb Jahren haben bulgarische Wanderarbeiter an der Goethestraße einmal wöchentlich eine Anlaufstelle. Menschen ohne Papiere, in prekären Arbeitsverhältnissen. Häufig arbeiten sie auf dem Bau oder als Putzhilfen. Nicht selten werden sie um ihren Lohn betrogen, meist kennen sie ihre Rechte nicht. Die Initiative Zivilcourage und Kulturlust e.V. betreut die Bulgaren ehrenamtlich; seit Sommer dieses Jahres hat sich das Projekt "Infozentrum Migration und Arbeit" der Arbeiterwohlfahrt gemeinsam mit dem Projekt "Faire Mobilität" des Deutschen Gewerkschaftsbundes der Beratung angenommen.

Auch Savas Tetik, Vorsitzender des Migrationsausschusses von ver.di München, war von Anfang an dabei. Er dolmetscht, berät und wirbt für eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft. Tausend Menschen, sagt Tetik, kamen bislang in den Import-Export. 300 sind in den zweieinhalb Jahren seiner Beratung der Gewerkschaft beigetreten. Zwei Drittel allerdings gehören ihr inzwischen schon nicht mehr an. Auch die restlichen Hundert sind vom Rauswurf bedroht. Der Grund: Sie konnten die Mitgliedsbeiträge nicht bezahlen. "Die Kollegen haben keine Konten", sagt Tetik, "kein regelmäßiges Einkommen, keine Adressen, sie sprechen kein Deutsch, arbeiten immer mal wieder woanders, fahren häufig in ihr Heimatland zurück. Da ist es nicht so einfach, sie an die Gewerkschaft zu binden."

Die Gewerkschaft, meint er, müsse darum genau überlegen, was sie diesen Menschen anbieten könne. "Das ist eine ganz neue Herausforderung." Eine Flexibilisierung der Beitragszahlungen etwa käme der Lebenssituation der Bulgaren entgegen, meint Tetik.

ver.di auf der Straße

Auch die Bindung müsse anders aussehen. Auf Einladungen zu Mitgliederversammlungen könne man getrost verzichten. "Vor Ort, draußen müssen wir die Kontakte knüpfen." Wenn es wieder wärmer wird, will er ver.di auf der Straße sichtbar machen, mit Infoständen. Er zeigt ins Bahnhofsviertel, in das er die Bulgaren entlässt, ohne Bleibe, ohne Geld, ohne anständigen Job. "Sie sind schwer zu erreichen", sagt er. "Aber sie sind da, überall!" Auch auf die Fachbereiche und Bezirke komme es an, um sie zu halten, fügt ver.di-Sekretär Ulrich Gammel hinzu. "Bayern braucht Migration - wie es auf einem unserer Flyer heißt." M. Goetsch