Seit April 2012 gilt in der Bundesrepublik das neue Gesetz für im Ausland erworbene Berufsabschlüsse

Manuela Sanchez (Name geändert) hat in Kolumbien studiert und 15 Jahre in ihrem Beruf als Lehrerin gearbeitet. Trotzdem musste sie, um in Deutschland weiter mit Kindern arbeiten zu dürfen, wieder von vorn beginnen, noch einmal eine komplette dreijährige Ausbildung als Erzieherin absolvieren. "Ein paar Fächer wurden mir zwar anerkannt, aber das reichte nicht mal, um die Ausbildung ein paar Monate zu verkürzen", sagt die heute 50-Jährige. Das neue Anerkennungsgesetz kam für Manuela Sanchez zu spät. Sie hat ihre Prüfungen gerade erfolgreich abgeschlossen. Jetzt schreibt sie Bewerbungen.

Drei Vorteile

Rund 2,9 Millionen Migrant/innen in Deutschland haben ihren höchsten beruflichen Abschluss im Ausland erworben. Viele von ihnen arbeiten unterhalb ihrer Qualifikation oder in anderen Berufen, weil ihr Abschluss nicht anerkannt wurde. Etwa 400.000 von ihnen können jetzt von dem neuen Gesetz profitieren und ein Anerkennungsverfahren anstreben. Damit steigt für sie die Chance auf einen besseren Arbeitsplatz - oder überhaupt auf einen festen Job.

Das Anerkennungsgesetz hat vor allem drei Vorteile: Es sichert den gesetzlichen Anspruch auf Prüfung der Gleichwertigkeit eines Abschlusses mit einem deutschen Vergleichsberuf. Die Bearbeitungszeit ist auf drei Monate begrenzt. Und: Es gibt endlich verbindliche Kriterien zur Beurteilung einer im Ausland erworbenen Qualifikation.

Um das Gesetz umzusetzen, wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung eine zentrale Auskunft im Netz eingerichtet. Das Informationsportal "Anerkennung in Deutschland" bündelt rechtliche Grundlagen, Verfahrenswege und zuständige Stellen. Ein "Anerkennungs-Finder" hilft, die für das Anerkennungsverfahren zuständige Stelle schnell zu finden.

Zeichen des Willkommens

Seit der Freischaltung am 1. April hatte das Portal mehr als 180.000 Besucher und rund 1,5 Millionen Seitenaufrufe, die Hälfte davon aus dem Ausland. Besonderes Interesse besteht an Berufen wie Arzt und Krankenschwester. Doch für diese Berufe, bei denen die Länder für die Umsetzung des Bundesgesetzes zuständig sind, laufen die notwendigen Gesetzgebungsverfahren erst an.

Das neue Bundesgesetz betrifft bislang die im Berufsbildungsgesetz geregelten Berufe. Hier sind die Industrie- und Handelskammern (IHK) und die Handwerkskammern (HWK) für die Anerkennung zuständig. Eine neu geschaffene zentrale Stelle, die IHK FOSA (Foreign Skills Approval), bündelt und bearbeitet die Anträge. Die Statistik zeigt, dass das Gesetz vor allem die Jüngeren erreicht, die erst seit kurzem in Deutschland leben. 41 Prozent der Interessenten sind zwischen 32 und 41 Jahre alt; rund die Hälfte ist höchstens fünf Jahre in Deutschland.

Aus ver.di-Sicht ist das Berufsanerkennungsgesetz ein wichtiger Schritt, um qualifizierten Migrant/innen bessere berufliche Chancen zu eröffnen. Bisher fehlen jedoch Programme, die die notwendigen Anpassungsqualifikationen anbieten. Trotzdem ist das Gesetz "ein Zeichen des Willkommens", findet Manuela Sanchez, wenn es auch für sie zu spät kam. Es zeigt, dass Ausbildungen und Qualifikationen der Einwanderer geschätzt und gebraucht werden.

Adressen und Tipps

Ob Qualifikationen gleichwertig sind, wird derzeit in sogenannten nicht reglementierten Berufen festgestellt. Das sind die 350 Ausbildungsberufe im Dualen System der Bundesrepublik und weitere 100 bundesrechtlich geregelte Berufe. Geprüft wird jeweils die Gleichwertigkeit mit deutschen Berufsabschlüssen. Das heißt: Der Abschluss entspricht einer bestandenen Aus- und Fortbildungsprüfung nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Gesellenprüfung. Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern führen die Vergleichbarkeitsprüfungen durch.

Wird eine Ausbildung als gleichwertig anerkannt, darf die Berufsbezeichnung in Deutschland geführt werden. Ansonsten kann ein Gutachten zur Anerkennung der vorhandenen Qualifikation führen und der Abschluss in einer Externenprüfung nachgeholt werden, wenn die fehlende Qualifikation ergänzt wird. Das ist jedoch nicht einheitlich geregelt.

www.anerkennung-in-deutschland.de

Hotline des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Deutsch und Englisch): 030 / 1815-1111

Industrie- und Handelskammer FOSA (16 Sprachen): 0911 / 81506-0, www.ihk-fosa.de

Bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) gibt es einen "Leitfaden für die allgemeine Regelung zur Anerkennung der beruflichen Befähigungsnachweise der Euro- päischen Union":

http://ec.europa.eu/internal_market/qualifications/index_de.htm