Ausgabe 01/2013
Pendeln zwischen Kliniken
Kurz nach der Nachtschicht wurde sie gefragt, ob sie gleich noch einen Dienst übernehmen könne, in einer anderen Klinik. Doch die Berliner Krankenschwester Kerstin Mietzner (Name geändert) kennt das. Bei Vivantes personal, der Leiharbeitsfirma der landeseigenen Krankenhausgesellschaft Vivantes, werden 1000 Beschäftigte je nach Bedarf auf neun Krankenhäuser, zwölf Pflegeheime und weitere Einrichtungen verteilt. "Leiharbeit ist bei Vivantes schon lange ein Thema, aber in den letzten Jahren ist der Anteil enorm gewachsen", sagt Thomas Pottgießer, Betriebsratsmitglied, ver.di-Betriebsgruppenvorsitzender am Krankenhaus Am Urban. So stiegen die Ausgaben für Leiharbeit von knapp 16,9 Millionen Euro im Jahr 2008 auf über 30 Millionen 2011.
2009 hatte Vivantes gemeinsam mit der jobs in time medical GmbH die Gesellschaft Vivantes personal gegründet. "Es hieß, eine konzerneigene Leiharbeitsfirma helfe, Mehrwertsteuer zu sparen", sagt der Betriebsrat. Doch drei Millionen Steuerersparnis sind angesichts der Kostenexplosion bei Leiharbeit wohl zu vernachlässigen. Und Vivantes personal ist ohnehin nicht in der Lage, alle Personalanforderungen zu erfüllen. Gut die Hälfte der Aufträge von 2011 musste die krankenhauseigene Leasingfirma an Dritte weitergeben.
Bezahlt werden die Pflegekräfte bei Vivantes personal kaum schlechter als Festangestellte; zur Vergütung nach dem Tarifvertrag für Zeitarbeit kommt ein Zuschlag. Doch wechselnde Einsatzorte, Fahrzeiten und die Unsicherheit zermürben viele. "Sogar um die Fahrtkostenerstattung muss man kämpfen", sagt Kerstin Mietzner.
"Die Personalbesetzung auf den Stationen ist seit der Konzerngründung 2001 immer schlechter geworden", so Pottgießer, der selbst Krankenpfleger ist. "Mindestbesetzungen können oft nicht gewährleistet werden, Planstellen bleiben unbesetzt." Dass gleichzeitig immer mehr Personal von Leiharbeitsfirmen kommt, zeuge von der Fehlsteuerung. Heike Spies von ver.di sagt: "Leiharbeit ist nicht mal günstiger, da Verwaltungskosten zusätzlich anfallen und der private Mitbesitzer von Vivantes personal einen Teil des Gewinns abschöpft." Vivantes solle so viel Personal fest einstellen, dass Mindestbesetzungen möglich sind. Gudrun Giese