Ausgabe 03/2013
Die Arbeitgeber jammern - "Ich kann es nicht mehr hören"
Renate Treis ist Vorsitzende des ver.di-Fachgruppenausschusses für den Postbank-Konzern, Betriebsratsvorsitzende in der Postbankzentrale und Mitglied der ver.di-Tarifkommission
ver.di PUBLIK | 6,5 Prozent mehr Geld fordert ver.di. Die Beschäftigten in den Callcentern (PB Direkt GmbH) sollen noch mehr bekommen, weil bei ihnen bisher das niedrigste Tarifniveau gilt. Das Geld für die Azubis soll auf das Niveau des Bankentarifvertrags steigen, das wären 110 Euro mehr. Die Verhandlungen haben begonnen. Wie lief es?
RENATE TREIS | Zäh und enttäuschend. Ich bin seit 20 Jahren Betriebsrätin, arbeite seit mehr als 40 Jahren im Unternehmen, kenne mich also aus, aber die Arbeitgeber schaffen es immer noch, mich zu enttäuschen. Sie haben Eckdaten hin- und hergewendet, die schwierige Lage beschworen, kurz: Es gehe ihnen so schlecht. Ich kann es nicht mehr hören. Der Gewinn der Postbank-Gruppe lag 2012 bei 386 Millionen Euro vor Steuern, gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 308 Millionen. Aber die Arbeitgeber haben den Erfolg nicht erwähnt. Es fiel auch kein Wort der Wertschätzung für die Beschäftigten. Dabei erwirtschaftet die Postbank Gewinne - und das tun die Beschäftigten, niemand sonst.
ver.di PUBLIK | Gab es ein Angebot?
TREIS | Nein. Sie haben eins für die nächste Verhandlung am 15. Mai in Aussicht gestellt, das war's. Wir haben den Eindruck gewonnen, wir müssten eigentlich noch Geld mitbringen, um weiter im Konzern arbeiten zu dürfen. Aber wir haben unsere Auffassung klar gemacht: Für gute Leute, die gute Arbeit leisten, und zwar immer mehr mit immer weniger Menschen, muss es auch gutes Geld geben.
ver.di PUBLIK | Wie ist die Stimmung in der Tarifkommission?
TREIS | Anfangs war sie gut, jetzt ist sie bei allen ernüchternd.
ver.di PUBLIK | Wie geht es weiter?
TREIS | Wir informieren unsere Kolleginnen und Kollegen und bereiten uns auf Aktionen vor. Wir sind bereit, unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Gerade für PB Direkt, unser Callcenter, ist das wichtig. Der Firmensitz wurde extra nach Leipzig gelegt, um dort besonders wenig bezahlen zu können. So geht das nicht. Auch bei den Azubis klafft eine große Lücke zwischen dem, was sie bekommen, und dem, was im privaten Bankgewerbe gezahlt wird. Aber wir sind jetzt Teil der Deutsche-Bank-Gruppe und gehören dazu. Auch bei mir in der Zentrale kann ich mir Aktionen vorstellen, möglicherweise ganztägige Betriebsversammlungen oder kämpferische Mittagspausen. Es wird sich was tun.
Interview: Claudia von Zglinicki