Designerin Heike Wiechmann setzt sich am Bundesgerichtshof durch

Glückwunsch! Heike Wiechmann mit ihren Tieren

Einen langen Atem hat die Spielzeug-Gestalterin Heike Wiechmann aus Lübeck, und sie wird ihn auch weiter brauchen, in einer seit Jahren andauernden gerichtlichen Auseinandersetzung um ihr gutes Recht. Beim Bundesgerichtshof (BGH) hat die Selbstständige am 13. November mit ver.di-Unterstützung jedenfalls ein wegweisendes Grundsatzurteil erstritten. Nach Mitteilung des ihr von ver.di an die Seite gestellten Anwalts Bertold Schmidt-Thomé, seines Zeichens auch Kunsthistoriker, hat der 1. Zivilsenat des BGH entschieden, dass "Designobjekte, die einem Gebrauchszweck dienen, urheberrechtlich genauso schutzfähig sein können wie Werke der bildenden Kunst".

Der Rechtsstreit dauert nun schon fünf Jahre (ver.di PUBLIK 6/2012) und begann für die Klägerin Heike Wiechmann mit Prozessniederlagen vor dem Landgericht Lübeck und dem Oberlandesgericht Schleswig. Der Bundesgerichtshof hingegen schloss sich am Ende den Argumenten von Rechtsanwalt Schmidt-Thomé an. Der Jurist sagt: "Dass der BGH seine alte Rechtsprechung aufgegeben hat, ist ein Durchbruch, vor allem für freiberufliche Designer in Deutschland. Regelmäßig leiden sie unter prekären Vertragsverhältnissen. Auf Grund der neuen Rechtsprechung wird es für sie künftig leichter, als Urheber am Verkaufserlös ihrer Produkte beteiligt zu werden." Darauf müssten sich die auftraggebenden Konzerne und Unternehmen einstellen, sagt Bertold Schmidt-Thomé.

Holzbahn als Verkaufsschlager

Die Spielzeugdesignerin Wiechmann hatte 1998 für den Hersteller Gollnest & Kiesel (Goki) aus Güster (Kreis Herzogtum Lauenburg) den sogenannten Geburtstagszug entworfen: Auf die Waggons des Holzspielzeugs für Kinder lassen sich Kerzen und Ziffern aufstecken. Sie erhielt dafür ein Honorar in Höhe von 400 DM. Später erkannte sie, dass das viel zu wenig war, denn nach ihren Ermittlungen verkauften sich die von ihr gestalteten Produkte sehr gut, von der bunten Eisenbahn aus Holz setzte die Firma mindestens 200.000 Stück ab. Also zog Heike Wiechmann mit Unterstützung ihrer Gewerkschaft vor Gericht und forderte nachträglich eine Gewinnbeteiligung von mindestens 160.000 Euro.

Nach der aktuellen Grundsatzentscheidung des BGH (Aktenzeichen: I ZR 143/12), die auf seiner neuen Interpretation einer 2004 geänderten Gesetzeslage im Verhältnis von Geschmacksmuster- und Urheberrecht beruht, muss sich nun das Oberlandesgericht Schleswig erneut mit der Sache befassen. Die Firma Goki muss Zahlen auf den Tisch legen, insbesondere Verkaufszahlen, und die Richter müssen bei der Bewertung der "künstlerischen Gestaltungshöhe" realistischere Maßstäbe anlegen.

Henrik Müller