Ausgabe 02/2014
Karstadt steckt noch in der Krise
Substanzielles wurde auch in der fünften Verhandlungsrunde zwischen der Karstadt-Geschäftsleitung und ver.di nicht beschlossen. Immerhin: Es wird weiterverhandelt. Und erstmals waren am 6. März neben der ver.di-Tarifkommission auch der komplette Karstadt-Gesamtbetriebsrat sowie der Wirtschaftsausschuss an der Verhandlung beteiligt.
Seit Herbst 2013 wird zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite ausgelotet, wie die Zukunft vor allem der Warenhaussparte gesichert werden kann. ver.di und der Gesamtbetriebsrat wollen eine Standort- und Beschäftigungssicherung sowie die Rückkehr des Unternehmens in die Tarifbindung erreichen. Karstadt war im Mai 2013 "vorübergehend" aus der Anwendung der Tarifverträge ausgestiegen.
Tief in der Krise
Doch offenkundig geht es inzwischen um mehr als die tarifliche Bezahlung und Beschäftigungsgarantien für die 20.000 Beschäftigten. Nach diversen Sanierungsrunden, die vor allem zu Lasten der Mitarbeiter/innen gingen, nach Immobilienverkäufen, Insolvenz und Übernahme durch den Milliardär Nicolas Berggruen steckt die Warenhauskette nach wie vor tief in der Krise. Die rentablen Geschäftszweige Karstadt Sport und die Premiumhäuser KaDeWe, Alsterhaus und Oberpollinger wurden im Herbst 2013 mehrheitlich an den österreichischen Immobilienunternehmer René Benko verkauft.
In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung im Februar klagte Berggruen, er habe bei der Übernahme von Karstadt im Jahr 2010 Fehler gemacht. Allerdings sah er es keineswegs als Fehler an, nicht in die Warenhäuser investiert und die Beschäftigten nicht anständig behandelt zu haben. Er fand vielmehr, dass er als Geschäftsmann zu weich gewesen sei, weil er weder Häuser geschlossen noch Mitarbeiter/innen entlassen habe. "Das ist wirklich ein Schlag ins Gesicht aller Beschäftigten", sagte Arno Peukes, Leiter des Fachbereichs Handel im ver.di-Landesbezirk Hamburg. Immerhin seien in den zurückliegenden zwei Jahren rund 3000 Arbeitsplätze bei Karstadt abgebaut und die Tarifbindung aufgekündigt worden. "Herr Berggruen hat aber in all den Jahren einen guten Millionenbetrag aus dem Unternehmen gezogen und lässt sich auch weiter seinen Gewinn von den Beschäftigten bezahlen." Der international tätige Investor hatte Karstadt nach der Insolvenz schuldenfrei für einen Euro übernommen.
Die Karstadt-Warenhäuser schreiben rote Zahlen, wie der Aufsichtsratsvorsitzende Stephan Fanderl erklärte. Derzeit werden alle Filialen unter die Lupe genommen. Ergebnisse der Analyse sollen bei der Aufsichtsratssitzung am 29. April präsentiert werden. Zwischenzeitlich hat das Unternehmen mit Eva-Lotta Sjöstedt eine neue Chefin bekommen, die aber möglicherweise weder Zeit noch Mittel hat, um Grundlegendes in den 83 Warenhäusern zu verändern.
Die Verhandlungen werden jedenfalls weitergehen. Positiv sieht ver.di, dass am 6. März für die Beschäftigten aller drei Karstadt-Sparten verhandelt wurde, nicht nur für die der notleidenden Warenhäuser. Ob und wann es zu einer tragfähigen Lösung kommen wird, ist im Moment nicht absehbar. gg