Ergebnisse zwingen zum Nachdenken

Vorstellungen von Politikwechsel, von grundsätzlich anderer Politik, die nach der Landtagswahl greifen müsse: Offensichtlich kamen solche Botschaften, von ver.di und den anderen DGB-Gewerkschaften ausgesandt, bei vielen Wählerinnen und Wählern nicht an.

Wechselstimmung war im Wahlkampf in Thüringen kaum spürbar und in Sachsen gar nicht, dort nicht einmal bei den Parteien des Oppositionslagers. Ein Machtwechsel schien nicht realistisch. In Thüringen empfanden die Bürgerinnen und Bürger offensichtlich keine Notwendigkeit, die die Regierung führende CDU abzuwählen. Alle Fehler und Skandale schienen an ihr abzuperlen, allenfalls die Spitzenkandidatin konnte offenkundig keinen Ministerpräsidentinnen-Bonus ausspielen.

Doch die Ergebnisse zeigen, dass die Wählerinnen und Wähler die CDU weder in Sachsen als erzkonservative Kraft unter dem angesehenen Landesvater Tillich, noch in Thüringen als eher sozialdemokratisch auftretende Kümmerer-Partei allein regieren lassen wollen. So richtig hat offensichtlich niemand die Wählerinnen und Wähler überzeugt, sonst wäre die Wahlbeteiligung nicht so niedrig gewesen.

Die Folge ist, dass die künftigen Regierungen in beiden Ländern nur etwa ein Viertel der Wahlberechtigten hinter sich wissen. Das muss alle Demokraten in Alarmstimmung versetzen und sie dazu bringen, darüber nachzudenken, was sie wohl falsch gemacht haben mit ihrer bisherigen Politik und ihren Wahlkämpfen.

Als Gewerkschaften haben wir keine auf einzelne Parteien abzielenden Wahlempfehlungen gegeben, weil wir parteiübergreifende Organisationen sind. Aber wir haben inhaltlich in den Fragen, die abhängig Beschäftigte und Gewerkschaftsmitglieder besonders berühren, klar Position bezogen. Wir müssen allerdings feststellen, dass die von uns Angesprochenen sich von dieser Positionierung nicht haben leiten lassen.

Unser Konzept verändern

Besonders erschreckt die Zustimmung für die NPD, die wir als gewerkschafts- und demokratiefeindlich bekämpfen. Auch die rechtspopulistische AfD, deren Ziele in vielerlei Hinsicht im Gegensatz zu gewerkschaftlichen Positionen stehen, ist gerade von jüngeren Gewerkschaftsmitgliedern gewählt worden.

Jetzt müssen wir darüber nachdenken, warum das so war, gründlich und ohne Vorbehalte recherchieren, was die AfD oder gar die NPD fürGewerkschaftsmitglieder attraktiv aussehen lässt. Und vor allem müssen wir gründlich analysieren, wie unsere Vermittlungswege laufen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass unsere Positionierungen allenfalls einen kleinen Anteil der eigenen Mitglieder erreichen. Eine allzu drastische Annahme?

Offensichtlich trügt unsere Annahme, die von uns formulierten Wahlbausteine würden über unsere Hauptamtlichen und die ehrenamtlichen Funktionsträger an die Mitglieder weitervermittelt, die diese dann ihrerseits argumentativ gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen und darüber hinaus in der Familie und im Freundes- und Bekanntenkreis nutzen. Daher müssen wir unser Konzept gründlich prüfen und da verändern, wo es nötig ist, sonst werden politische Veränderungen ganz anders eintreten, als wir das wünschen.