Ausgabe 04/2015
Karstadt noch immer ohne Zukunftskonzept
Wieder schlechte Nachrichten für Karstadt-Beschäftigte: Am 12. Mai hat der Aufsichtsrat gegen die Stimmen der ver.di-Arbeitnehmervertreter die Schließung weiterer fünf Warenhäuser inklusive der LeBuffet- und Perfetto-Abteilungen beschlossen. Bis Ende März 2016 sollen die Filialen in Dessau und Bottrop dichtgemacht werden, die Häuser in Neumünster, Recklinghausen und Mönchengladbach-Rheydt dann am 30. Juni 2016.
"Kaum hat eine Sanierungsphase mit Personalabbau in allen Häusern begonnen, folgt die Schließung weiterer Filialen", sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Hellmut Patzelt. "Statt in das Warenhaus zu investieren und Zeit für die Umsetzung neuer Konzepte zu geben, stellt man Hunderte von Beschäftigten vor vollendete Tatsachen." Die angekündigte Schließung der fünf Filialen wird rund 540 Menschen ihren Arbeitsplatz kosten. Wieder setzt das Management unter Karstadt-Eigentümer René Benko auf Abbau und Immobilienverwertung statt auf das von den Betriebsräten und ver.di vielfach geforderte Zukunftskonzept für Karstadt.
Die Schließungsankündigung hat auch Auswirkungen auf die laufenden Tarifverhandlungen. "Wir wollen weiterhin eine Standort- und Beschäftigungssicherung - ausdrücklich unter Einbeziehung der fünf Häuser, die der Arbeitgeber nun schließen will. Es bleibt unsere feste Überzeugung, dass alle Häuser mit der richtigen Strategie erfolgreich in die Zukunft geführt werden könnten", sagt Arno Peukes, der für ver.di die Karstadt-Tarifverhandlungen führt. Außerdem gehe es nach wie vor um die Rückkehr des Unternehmens in die Tarifbindung, die der frühere Eigentümer Nicolas Berggruen vor rund zwei Jahren aufgekündigt hatte.
Auch Kaufhof steht vor der Übernahme
Es herrscht Unruhe - nicht nur bei Karstadt, sondern auch bei Galeria Kaufhof. Es soll Kaufinteressenten für das Warenhausunternehmen geben, die Verkaufsgespräche sollen weit gediehen sein. Zwei Interessenten scheinen dabei in der engsten Auswahl zu sein. Zum einen verhandelt Karstadt-Anteilseigner René Benko laut Presseberichten seit Längerem mit der Kaufhof-Muttergesellschaft Metro. Der Kaufpreis soll bei etwa 2,9 Milliarden Euro liegen.
Der Warenhauskonzern Hudson's Bay aus dem kanadischen Toronto ist ebenfalls interessiert, hatte aber bis Ende Mai kein Angebot präsentiert. Hinter dem Unternehmen stehen die amerikanischen Anteilseignerfamilien Mack und Baker. Für sie wäre die Übernahme ein erster Schritt auf den europäischen Markt. Auch bei Hudson‘s Bay ist das Interesse an der Immobilienverwertung groß. Deshalb ist für beide Anbieter Galeria Kaufhof besonders interessant, gehört dem Unternehmen doch noch rund die Hälfte der 120 Warenhaus-Immobilien.
"Gleichgültig, wer den Zuschlag erhält, für die Beschäftigten beider Warenhaus-Unternehmen ist wichtig, dass der Verkauf an belastbare Bedingungen gebunden ist", sagt Arno Peukes. "Gerade im Wettbewerb mit dem Onlinehandel brauchen die Innenstädte attraktive Warenhäuser mit einem qualifizierten Service- und Beratungsangebot." Dafür sind mit den Gesamtbetriebsräten und den Beschäftigten entwickelte, zukunftsfähige Warenhauskonzepte erforderlich. Aus der Sicht von ver.di gehört die Standort- und Beschäftigungssicherung genauso dazu wie das Bekenntnis zur Tarifbindung.
Gudrun Giese