Das Bundesverfassungsgericht hatte der Bundesregierung Ende vergangenen Jahres aufgegeben, das Gesetz zur Erbschaftssteuer zu ändern. Jetzt hat das Bundeskabinett eine neue Fassung des Gesetzes vorgelegt. Als "skandalös" bezeichnet Ralf Krämer vom Bereich Wirtschaftspolitik beim ver.di-Bundesvorstand diesen Entwurf. Seiner Meinung nach ist die Vorlage weit von einer gerechten Besteuerung von Superreichen und Firmenerben entfernt.

"Große Vermögen können weitgehend oder komplett steuerfrei vererbt oder verschenkt werden", kritisiert der Gewerkschafter. Großvermögen seien ganz überwiegend Betriebsvermögen, dazu zählten auch große Aktienpakete. Erst ab einer Höhe von 26 Millionen Euro steigen hier die Anforderungen an eine steuerfreie Weitergabe. Bei Familienfirmen liegt der Schwellenwert doppelt so hoch. Erst wenn das Erbe mehr wert ist, wird geschaut, ob die Hälfte des sonstigen Privatvermögens ausreicht, um die fälligen Steuern zahlen zu können.

Ermäßigte Besteuerung

Alternativ können die Reichen eine ermäßigte Besteuerung ohne Prüfung des Privatvermögens wählen. Der Steuersatz werde in der Regel erst bei einem Erbe oberhalb von 116 Millionen Euro einen Höchstwert von 19,5 Prozent erreichen, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad, so Krämer.

Seiner Einschätzung nach wird das Procedere der Prüfung höchstens bei einer Handvoll von Fällen im Jahr greifen. "Da hat die Lobby der Unternehmerfamilien ganze Arbeit geleistet", sagt er. Er spricht aber auch von einem hohen Risiko, dass das neue Gesetz nicht verfassungsgemäß sei. Allerdings müsse das erst in den verschiedenen gerichtlichen Instanzen geklärt werden, was erfahrungsgemäß lange dauere.

2014 lag das Aufkommen aus der Erbschaftssteuer bei 5,4 Milliarden Euro und fließt den Ländern zu. Diese Summe würde sich auch durch das neue Gesetz nicht wesentlich ändern. ver.di macht sich schon lange dafür stark, diese Einnahmen durch eine gerechte Besteuerung von Millionenerbschaften mindestens zu verdoppeln. Das würde einen spürbaren Beitrag dazu leisten, dass die Bundesländer notwendige höhere Investitionen und Ausgaben etwa im Bereich Bildung und Erziehung finanzieren können, so Krämer. Damit könnten Zehntausende sinnvoller Arbeitsplätze geschaffen werden. Der von den Unternehmerverbänden gerne beschworene Verlust von Arbeitsplätzen durch die Erbschaftssteuer sei übrigens noch in keinem Fall belegt worden. Der Entwurf soll nach der Sommerpause in die parlamentarische Beratung gehen.

hla

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