Gesetz bedroht 175 gute Jobs im Nahverkehr

Hildesheim - Die 175 Beschäftigten des Stadtverkehrs Hildesheim (SVHI) und des Regionalverkehrs Hildesheim bangen um ihre Arbeitsplätze. Denn die Deutsche Bahn mit ihren Tochterunternehmen könnte das kommunale Unternehmen ausbooten, wie gerade erst in Pforzheim geschehen. "Dass sich nun auch noch ein Staatskonzern daran beteiligt, kommunale Verkehrsunternehmen zu vernichten, ist ein Skandal", sagt Harald Memenga, Geschäftsführer des ver.di-Bezirks Hannover/Leine-Weser.

Die Stadt hatte die Busverkehrsleistung in Hildesheim 2015 direkt an die SVHI vergeben. Diese im europäischen Recht ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit wird jedoch durch das deutsche Personenbeförderungsgesetz ausgehebelt. Es lässt so genannte eigenwirtschaftliche Anträge zu, die dann Vorrang vor der Direktvergabe des Aufgabenträgers haben. Zudem findet das bei Ausschreibungen sonst zwingend anzuwendende Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz keine Anwendung. Die Folge: Dumping-löhne durch Subunternehmer.

Die Stadt Hildesheim hätte zehn Jahre lang keine Einflussnahme auf das Verkehrsangebot. Sie müsste den mehr als 100 Jahre alten SVHI liquidieren und Abwicklungskosten von bis zu 20 Millionen Euro tragen. 175 Tarifarbeitsplätze würden vernichtet und die verfassungsrechtlich garantierte kommunale Selbstverwaltung unterlaufen. "In diesem Fall ist der entstehende wirtschaftliche Schaden auf Seiten der Stadt größer als die - durch dann nicht mehr erforderliche Zuschüsse - entstehenden Einsparungen", heißt es in einer gerade gefassten Resolution aller im Rat vertretenen Gruppen und Fraktionen zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes.

Politik Seite 11


Arvato: Zweiter Streik bei der Bertelsmann-Tochter

Hannover - Die Bertelsmann-Tochter Arvato eCommerce (ehemals Netrada) zahlt keinen Tariflohn. Der Stundenlohn endet in der Logistik bei 11,20 Euro, der Urlaub liegt bei 26 bis 28 Tagen, teils werden Überstunden gar nicht vergütet. Arvato wickelt als Dienstleister zum Beispiel für Esprit und C&A das Online-Bestellgeschäft, den Versand und den Kundenservice ab. Derzeit beschäftigt das Unternehmen 900 eigene Arbeitnehmer/innen und setzt zusätzlich 570 Leiharbeiter/innen ein. "Wir fordern einen Tarifvertrag, höhere Löhne, 30 Tage Urlaub und Überstundenzuschläge", erklärt ver.di-Verhandlungsfüher David Matrai.

Im März sind zahlreiche Kolleg/innen an den drei hannoverschen Standorten einem zweiten Streikaufruf von ver.di gefolgt. Etwa ein Drittel der eingesetzten Arvato-Angestellten beteiligte sich an der Aktion. Seit Monaten verweigert das Unternehmen Verhandlungen. Damit ignoriere der Bertelsmann-Konzern die Anliegen derjenigen, die ihm Tag für Tag außerordentliche Gewinne erarbeiteten, so Matrai weiter. "Zeitnahe Gespräche ohne Vorbedingungen - das wäre der richtige Weg."

Scharf verurteilt ver.di Versuche des Unternehmens, Leiharbeiter/innen als Streikbrecher/innen einzusetzen. Arvato kooperiere seit wenigen Wochen nur noch mit Leiharbeitsfirmen, die den Zeitarbeitstarifvertrag des DGB nicht (mehr) anwenden. Der untersagt nämlich den Einsatz von Leiharbeiter/innen in bestreikten Betrieben. Zudem sollen Leiharbeiter/innen auch dazu angehalten worden sein, während des Streiks zu arbeiten. Das aber wäre ein Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Leiharbeiter/innen sind darüber zu informieren, dass sie in einem bestreikten Betrieb nicht arbeiten müssen.