Unter dem Leitthema "Armut - Macht - Flucht" diskutierten rund 120 Teilnehmer/innen einer Fachtagung der Landesarmutskonferenz (LAK) Niedersachsen, wie globale Armut und Migration unseren Alltag verändern. Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung in Berlin ging in einem Referat auch auf den Zusammenhang von globaler Ungleichheit und Armut ein.

Die Fakten: In Niedersachsen ist die Wirtschaftsleistung in den vergangenen zwei Jahren deutlich angewachsen. Trotz dieser günstigen Entwicklung sind laut Landesamt für Statistik rund 1,2 Millionen Menschen - fast jeder sechste Einwohner - von Armut betroffen. In vielen Städten wird es immer schwieriger, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Immer mehr Arbeitnehmer/innen haben unsichere Jobs mit niedrigen Löhnen. Zentrale soziale Leistungen wie Renten und Arbeitslosenunterstützung sind in der Vergangenheit gekürzt worden und reichen vielfach kaum zum Leben.

Schuldenabbau ist kein Selbstzweck

Es droht ein Auseinanderbrechen der Gesellschaft. "Das muss jetzt verhindert werden. Wir brauchen mehr Solidarität. Solidarität mit den Armen, Arbeitslosen und Abgehängten. Solidarität mit den Flüchtlingen und den benachteiligten Einheimischen. Die kurzfristige Bereitstellung von finanziellen Mitteln für die Aufnahme und Integration von geflüchteten Menschen war richtig und muss fortgesetzt werden", da waren sich die Teilnehmer/innen einig. Sie forderten Integrationsperspektiven für alle Menschen. Die Haushaltslage von Bund und Land biete aktuell Spielraum für erhebliche Mehrausgaben, Schuldenabbau dürfe nicht zum Selbstzweck werden.

In einer Erklärung der Landesarmutskonferenz heißt es: "Globale Armut produziert Migration. Menschen flüchten auch zu uns und verändern unseren Alltag. In den letzten Monaten ist eine beachtliche Leistung bei der Aufnahme von Geflüchteten erbracht worden. Viele Menschen haben aber zugleich auch Sorgen und Ängste; sie befürchten eine weitere Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen. Über Jahre wurde zu wenig investiert und zu viel Personal abgebaut, so sind öffentliche Einrichtungen und Dienstleistungen in ihrer Leistungsfähigkeit geschwächt worden. Zugleich wurden Steuern auf große Vermögen, hohe Einkommen und Gewinne gesenkt. Die soziale Ungleichheit hat in den letzten 25 Jahren erheblich zugenommen. Die Spaltung unserer Gesellschaft verläuft aber nicht zwischen Flüchtlingen und Einheimischen, sie verläuft zwischen Arm und Reich."

Zur Überwindung der Armut fordert die LAK eine aktive Arbeitsmarktpolitik und für Langzeitarbeitslose einen sozialen Arbeitsmarkt. Angesichts der wenigen Ausbildungsstellen in Niedersachsen, das Land ist bundesweit Schlusslicht, müsse es eine Ausbildungsgarantie geben. Außerdem sollten mit einem Maßnahmen-Mix pro Jahr 35.000 neue bezahlbare Wohnungen für alle geschaffen werden. Armut macht krank und Krankheit macht arm. Die Konferenz setzt sich deshalb für die landesweite Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und niedrigschwellige medizinische Sprechstunden für Geflüchtete und Asylsuchende "vor Ort" ein.

Veranstaltet wurde die Fachtagung der LAK Niedersachsen unter anderem von Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie, Flüchtlingsrat, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Sozialverband Deutschland, Verband Entwicklungspolitik, VHS Hannover und von ver.di Niedersachsen-Bremen.