Das Rathaus in Stuttgart

Für den Geschäftsführer des ver.di-Bezirks Stuttgart, Cuno Brune-Hägele, ist es mehr als ein schlechter Witz, dass die Verwaltung der Stadt Stuttgart weiter Stellenstreichungen, Gebührenerhöhungen und die Absenkung von Standards verkündet, aber gleichzeitig einen Haushaltsüberschuss präsentiert. "Man kann sich auch zu Tode sparen", so der Gewerkschafter, "der Investitionsstau in der Landeshauptstadt Stuttgart ist bereits heute unübersehbar."

Bereits bis zu Beginn des laufenden Jahres mussten alle Fachämter der Stadtkämmerei, also dem für Finanzen und Wirtschaft zuständigen Ersten Bürgermeister der Stadt, Michael Föll, CDU, ihre geplanten Stellenanträge für den Doppelhaushalt 2018/19 vorlegen. Doch die meisten Stellenanforderungen wurden zurückgewiesen, trotz der Proteste vieler Amtsleiter/innen. Statt sachlich, fachlich und inhaltlich geprägt zu diskutieren, werde einfach der altbekannte Sparkurs fortgesetzt, kritisiert Brune-Hägele. Das sei auch nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, die einen fachlichen Austausch zur Sicherstellung zentraler und hoheitlicher Aufgaben erhofft hätten. Als Folge dieser Vorauswahl durch den Ersten Bürgermeister Michael Föll sei nur ein Teil der Stellenanträge der Fachämter überhaupt zur Diskussion in den Gemeinderat vorgedrungen. "Die wie ein großes Ballett inszenierten Haushaltsplanberatungen lassen sich im Kern auf eine Ein-Mann-Show reduzieren, mit Michael Föll als Darsteller, Regisseur und Kritiker in Personalunion", sagt Brune-Hägele. Föll entscheide damit weit mehr, als ihm aufgrund seiner Position eigentlich zustünde. Er habe offensichtlich die Möglichkeiten, mit der Kämmerei alle Ämter und Arbeitsfelder der Stadtverwaltung zu dominieren. Er steuere die Entwicklung der Ämter, und bestimme, wie viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ein Amt benötige, um dessen Aufgaben gerecht zu werden. Dabei zeige Föll wenig Respekt vor den Argumenten der Amtsleiter/innen, die die Umsetzung der Aufgaben zu verantworten haben. Stattdessen wische er alles, was ihm nicht passe oder nicht einleuchte, von der Bühne.

In der Belegschaft der Stadtverwaltung gibt es mittlerweile massiven Unmut über die zunehmend belastenden Arbeits- und Rahmenbedingungen, die aufgrund dieser machtvollen und von oben offensicht-lich unwidersprochenen Spardoktrin entstehen. Bereits heute sei, so Brune-Hägele, die Personaldecke so dünn, dass viele Abteilungen fast nicht mehr funktionsfähig seien. Büroräume würden nicht renoviert, Einzelbüros würden von zwei bis drei Mitarbeiter/innen genutzt. Datenschutz könne so nicht mehr gewährleistet werden. Stellenbesetzungen mit Fachpersonal würden auch in der Verwaltung immer schwieriger, da sich der schlechte Ruf der Stadt bereits in den Fachschulen für Verwaltung verbreitet habe. Es mache sich der Eindruck breit, dass allein der Kontostand zähle.

Die Beschäftigten vermissen die Unterstützung von Oberbürgermeister Fritz Kuhn, Bündnis 90/Die Grünen. Gerade von ihm als Chef der Verwaltung erwartet Brune-Hägele, dass die Arbeitssituation der Kolleginnen und Kollegen in den Ämtern vor Ort ein zentrales Anliegen sei. "Welche Zukunft hat eine Stadtverwaltung, die in absehbarer Zeit keine guten Fachleute mehr bekommt, weil andere Arbeitgeber in der Großregion bessere Arbeitsbedingungen zu bieten haben und Wohnen und Lebenshaltungskosten im Umland deutlich niedriger sind?", fragt der Gewerkschafter.

Stuttgart sei eine der reichsten Städte der Bundesrepublik, auch wenn der Erste Bürgermeister Michael Föll die Landeshauptstadt gerne arm rechnen würde. Das Geld sei da. Nach Ansicht von ver.di sind Investitionen in Personal, in weitere Stellen und in gute Arbeits- und Rahmenbedingungen notwendig für die Zukunftsfähigkeit der Stadt. "Das wäre eine verantwortungsbewusste und stabilitätsorientierte Finanzpolitik im Sinne der Beschäftigten und der Bürgerinnen und Bürger", so Cuno Brune-Hägele.