Ausgabe 03/2018
Das kann man lernen
Felizitas Ißelmann über die Unterstützung von schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz
ver.di publik - Du bist seit 1999 Schwerbehindertenvertrauensperson der Stadtverwaltung Oberhausen. Wie bist Du zu diesem Amt gekommen?
Felizitas Ißelmann - Ich war Mitglied im Personalrat, war Vertrauensfrau bei der ver.di-Vorläuferorganisation ÖTV und habe als Sachbearbeiterin im Sozialamt gearbeitet. Daraufhin bin ich gefragt worden, ob ich mir die Aufgabe zutraue. Natürlich habe ich im Personalrat mitbekommen, was die Schwerbehindertenvertretung macht. Aber ich hatte keine Vorstellung von der konkreten Arbeit.
ver.di publik - Für wen bist Du zuständig?
Ißelmann - Ich bin für 165 schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen in der Stadtverwaltung zuständig. Darüber hinaus bin ich Ansprechpartnerin für alle gesundheitlich beeinträchtigten Beschäftigten in der Stadtverwaltung. Bei uns arbeiten insgesamt rund 2.300 Beschäftigte. Der Anteil der schwerbehinderten und gleichgestellten Kolleginnen und Kollegen ist größer geworden. Wir haben einen hohen Altersdurchschnitt.
ver.di publik - Mit welchen Fragen kommen die Kolleginnen und Kollegen zu Dir?
Ißelmann - Sie fragen zum Beispiel nach Unterstützung, wenn sie einen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderung stellen wollen oder einen Antrag auf Gleichstellung. Sie fragen aber auch nach Reha-Maßnahmen oder nach Möglichkeiten des Bezuges von Erwerbsminderungsrente - also all diese Dinge, die eventuell mit Arbeitsminderung zu tun haben. Ein wichtiger Punkt ist auch die Arbeitsplatzgestaltung, wenn Probleme gesundheitlicher Art auftreten, die sich auf die Arbeit auswirken können.
Felizitas Ißelmann
ist Schwerbehindertenvertrauensperson bei der Stadtverwaltung Oberhausen. Sie ist zugleich Vorsitzende des ver.di-Landesarbeitskreises Schwerbehindertenpolitik in Nordrhein-Westfalen und Mitglied im ver.di-Bundesarbeitskreis Schwerbehindertenpolitik.
ver.di publik - Kommen sie auf Dich zu oder Du auf sie?
Ißelmann - Meistens kommen sie auf mich zu. Ich habe meine Aufgabe in der Dienststelle öffentlich gemacht. Ich gebe Veröffentlichungen heraus, rede bei Personalversammlungen, man kennt mich über die vielen Jahre hinweg. Wenn mir etwas auffällt oder ich im Rahmen der Personalratsarbeit davon erfahre, gehe ich auch auf die Menschen zu und biete meine Dienste an. Es ist eine der wesentlichsten Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung, das Amt bekannt zu machen. Man muss sich aber auch persönlich bekannt machen, damit alle Kolleginnen und Kollegen wissen, dass es da jemanden gibt, der unterstützend helfen kann.
ver.di publik - Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit anderen Gremien?
Ißelmann - Die Zusammenarbeit mit dem Betriebs- oder Personalrat ist sehr wichtig, denn vieles kann die Schwerbehindertenvertretung alleine nicht durchsetzen. Dazu hat sie nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch, SGB IX, nicht so viele Möglichkeiten wie Betriebs- und Personalräte nach den entsprechenden Gesetzen. Wenn es zum Beispiel um eine Kündigung geht, wird eine Schwerbehindertenvertretung nur angehört. Ein Personalrat kann bei einer Kündigung ganz anders agieren.
ver.di publik - Wie hast Du Dir Dein Wissen erarbeitet?
Ißelmann - Das Fachwissen habe ich mir in Gewerkschaftsseminaren geholt. Viel gelernt habe ich auch, indem ich meine Arbeit mache. Ganz wichtig ist die Netzwerkbildung mit anderen Schwerbehindertenvertretungen. Ich bin in ver.di sehr aktiv und gebe mittlerweile auch Seminare im Schwerbehindertenrecht. Da lernt man viele Menschen kennen. Man kennt sich, man bietet Hilfe an, man fragt die anderen.
ver.di publik - Was sollte ich tun, wenn ich erstmals kandieren möchte?
Ißelmann - Ich würde empfehlen, sich bei ver.di zu erkundigen, wer vor Ort zuständig ist für die Betreuung der Schwerbehindertenvertretungen. Mit den Kolleginnen und Kollegen kann man sich dann einfach mal zusammensetzen. In Nordrhein-Westfalen haben wir einen Schnupperkurs angeboten, wir planen auch jetzt wieder einen. Er richtet sich an Leute, die überlegen, sich zur Wahl zu stellen. Sie erfahren dann von erfahrenen Schwerbehindertenvertreterinnen und -vertretern, was das Amt bedeutet und welche Aufgaben auf die Gewählten zukommen.
ver.di publik - Was sollte man für das Amt mitbringen?
Ißelmann - Es ist keine Voraussetzung, schwerbehindert zu sein. Aber man muss Verständnis dafür haben, wenn Menschen gesundheitlich beeinträchtigt sind.
ver.di publik - Du bist seit fast 20 Jahren Schwerbehindertenvertreterin. Was hat Dir dieses Amt persönlich gebracht?
Ißelmann - Ich lerne ganz viele Menschen kennen. Ich lerne viel über Erkrankungen und deren Auswirkungen auf den Arbeitsplatz. Vor allen Dingen habe ich gelernt, was man tun kann, um die Leute zu unterstützen, sie weiterhin im Arbeitsleben zu halten. Es ist einfach eine spannende Aufgabe, die immer anders ist. Manchmal ist es natürlich auch ein bisschen traurig, denn man erlebt auch viele schlimme Erkrankungen. Aber auch da gibt es Möglichkeiten der Hilfe, damit man das verarbeiten kann.
Interview: Heike Langenberg
Schwerbehindertenvertretungen
In Betrieben, in denen mindestens fünf schwerbehinderte oder gleichgestellte Beschäftigte arbeiten, können sie ihre Vertrauenspersonen wählen. Turnusgemäß finden die Wahlen vom 1. Oktober bis 30. November 2018 statt. In Betrieben und Dienststellen, in denen es keine Schwerbehindertenvertretung gibt, ist eine Wahl jederzeit möglich. ver.di sucht Kandidat/innen, die der Inklusion im Betrieb ein Gesicht geben wollen. Informationen dazu gibt es in den ver.di-Bezirken oder unter https://sbv-wahl.verdi.de
Felizitas Ißelmann
ist Schwerbehindertenvertrauensperson bei der Stadtverwaltung Oberhausen. Sie ist zugleich Vorsitzende des ver.di-Landesarbeitskreises Schwerbehindertenpolitik in Nordrhein-Westfalen und Mitglied im ver.di-Bundesarbeitskreis Schwerbehindertenpolitik.
Schwerbehindertenvertretungen
In Betrieben, in denen mindestens fünf schwerbehinderte oder gleichgestellte Beschäftigte arbeiten, können sie ihre Vertrauenspersonen wählen. Turnusgemäß finden die Wahlen vom 1. Oktober bis 30. November 2018 statt. In Betrieben und Dienststellen, in denen es keine Schwerbehindertenvertretung gibt, ist eine Wahl jederzeit möglich. ver.di sucht Kandidat/innen, die der Inklusion im Betrieb ein Gesicht geben wollen. Informationen dazu gibt es in den ver.di-Bezirken oder unter https://sbv-wahl.verdi.de