Für eine Rente als Wertschätzung des Arbeitslebens

Lange diskutiert wurde beim ver.di-Bundeskongress die Frage, ob das Niveau der gesetzlichen Rente bei 53 Prozent gesichert werden soll. Dass es gesichert werden muss, stand außer Frage. Aber sollte man eine feste Höhe vorgeben? Denn von einer Anhebung in Prozent profitieren diejenigen stärker, die ohnehin eine höhere Rente beziehen. Und die Gelder könnten an anderer Stelle fehlen.

Viele ver.di-Mitglieder können aufgrund von prekärer Beschäftigung und Beschäftigung im Niedriglohnbereich nur mit geringen Renten rechnen. Und heutzutage muss das durchschnittliche Bruttoeinkommen schon über 40 Versicherungsjahre hinweg über 2.500 Euro gelegen haben, damit die Rente über dem Grundsicherungsniveau liegt.

Im Kongress fanden die 53 Prozent eine Mehrheit. Gleichzeitig sprachen sich die Delegierten für Mindestsicherungselemente aus. So hatte auch der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke in der Diskussion argumentiert: Ein Rentenniveau von über 50 Prozent plus Mindestsicherungselemente.

Dazu zählt unter anderem die Grundrente, die Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, SPD, Anfang des Jahres vorgestellt hat. Ein Streitpunkt zwischen den Koalitionspartnern ist aber die Bedürftigkeitsprüfung, die ver.di ablehnt und die in Heils Plan nicht vorgesehen war.

Derzeit suchen die Koalitionspartner nach einer Lösung. Womöglich soll die Grundrente ohne Antrag als Zuschlag auf die gesetzliche Rente gezahlt werden. Dazu sollen die Rentenversicherungsträger auf Steuerdaten zurückgreifen. Das benachteilige aber gemeinsam veranlagte Verheiratete, kritisiert ver.di-Rentenexpertin Judith Kerschbaumer. Die Grundrente sollte unabhängig vom Familienstand, von Einkommen und möglichem Vermögen ohne Prüfung gezahlt werden, denn die Rente honoriert die Lebensleistung der Versicherten.

Zudem sei das zu versteuernde Einkommen für einige Einkommensgruppen gestaltbar, sodass es als alleinige Anspruchsgrundlage nicht geeignet sei. „Die Frage stellt sich jedoch, ob wir eine Grundrente mit Stolpersteinen akzeptieren oder ob es keine Grundrente gibt“, sagte Kerschbaumer. Sei sie einmal eingeführt, könnte man sie anschließend ja auch noch weiter verbessern.

Auf die Grundrente Anspruch haben sollen Beschäftigte, die mindestens 35 Jahre versicherungspflichtig gearbeitet haben oder die entsprechenden Pflichtbeitrags- oder Berücksichtigungszeiten durch Kindererziehung und Pflege haben. Für sie sollen Zeiten, in denen nur geringe Entgeltpunkt zwischen 0,24 und 0,8 erworben wurden, auf maximal 0,8 Entgeltpunkte aufgewertet werden. Freibeträge soll es beim Wohngeld und in der Grundsicherung geben. Profitieren könnten bei einer Umsetzung der Vorschläge rund drei Millionen Bestandsrentner*innen und 130.000 Neurentner*innen pro Jahr.