Beschäftigte in der Zustellung unter Druck

Sub-Sub-Sub-Sub-Sub ist ein Geschäftsmodell in der Paketbranche geworden (siehe auch ver.di publik 2/2019). Denn nur zwei der fünf großen Unternehmen der Branche arbeiten überwiegend mit fest bei ihnen angestellten Zusteller*innen, die anderen reichen die Aufträge weiter an Subunternehmen, die wiederrum abermals andere Firmen beauftragen oder gar Scheinselbstständige. Das führt zu einem Dumping-Wettbewerb in der Branche, zu Sozialmissbrauch und zu schlechten Arbeitsbedingungen. Häufig werden in dieser Kette auch Arbeitnehmer*innen aus Osteuropa eingesetzt, die ihre Rechte nicht kennen. Damit konfrontiert, hatten die Unternehmen meist darauf verwiesen, dass sie auf die Arbeitsbedingungen der anderen Firmen keinen Einfluss nehmen könnten.

ver.di hat sich daher für die Nachunternehmerhaftung stark gemacht. Sie funktioniert nach dem Prinzip, dass derjenige, der die Arbeit auslagert, dennoch für die Bedingungen verantwortlich bleibt, unter denen sie erledigt wird. Dieses Prinzip gilt seit 2002 in der Baubranche und seit 2017 in der Fleischindustrie. Für die Einhaltung des Mindestlohns sind die Unternehmen seit der Einführung der Lohnuntergrenze Anfang 2015 auch bei ihren Auftragnehmern verantwortlich.

Jetzt hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Nachunternehmerhaftung für die Sozialversicherungsbeiträge in der Paketbranche verabschiedet. Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis begrüßte den Entwurf. „Wir erwarten, dass der Bundestag die Nachunternehmerhaftung zügig beschließt und mit erforderlichen Kontrollen gegen Ausbeutung in der Branche vorgegangen wird“, sagte sie. ver.di fordert die Ausweitung der Nachunternehmerhaftung für die Sozialversicherungsbeiträge bereits seit längerem. Es könne nicht hingenommen werden, dass das starke Wachstum in der Paketbranche überwiegend über prekäre Arbeitsbedingungen stattfinde und tariflich und sozial geschützte Arbeitsplätze weiter unter Druck gerieten, so Kocsis.

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht eine Nachunternehmerhaftung für die Sozialversicherungsbeiträge für Unternehmen vor, die Pakete nicht selbst ausliefern, sondern auch Dritte zustellen lassen. Eine bundesweite Razzia hatte Anfang des Jahres Beanstandungen bei jedem sechsten überprüften Arbeitsverhältnis ergeben. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, SPD, hatte sich daraufhin für die Nachunternehmerhaftung für die Sozialbeiträge auch in dieser Branche stark gemacht.

„Die Entwicklung in Teilen der Paketbranche ist so schon länger nicht mehr akzeptabel. Arbeitende Menschen werden ausgebeutet, oft Menschen aus Mittel- und Osteuropa, die nur wenig Deutsch sprechen“, sagte Heil laut einer Pressemitteilung seines Ministeriums. Dieser „üblen Praxis“ werde mit dem Paketboten-Schutz-Gesetz ein Riegel vorgeschoben. Es soll in der gesamten Kurier-, Express- und Paketdienstbranche gelten. Mit ihm sollen auch ehrliche Unternehmen vor unfairem Wettbewerb geschützt werden