Ausgabe 02/2020
Unter 1000 mach' ich's nicht
Über 4.000 Beschäftigte von Universitäten und Hochschulen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben bei der Kampagne "Unter 1000 mach' ich's nicht" schon unterschrieben. Die Idee: Mit freiwilligem Verzicht auf dienstliche Flugreisen bis 1.000 Kilometer beziehungsweise bis 12 Stunden Reisezeit die Anzahl der dienstlich bedingten Kurzstreckenflüge drastisch zu reduzieren. Der Gedanke dahinter: Wissenschaft-ler*innen wollen nicht nur Fakten liefern und vor den Gefahren der Klimakrise warnen, sondern selbst einen Beitrag zur CO₂-Reduktion leisten.
"Wir müssen beispielhaft vorangehen, auch die Institutionen", sagt Martina Schäfer, Professorin an der Technischen Universität Berlin. Sie ist eine der Initiator*innen von "Unter 1000 mach' ich's nicht", die anlässlich des Weltklimastreiks am 29. November 2019 von Wissenschaftler*innen der ScientistsForFuture-Bewegung aus Berlin-Brandenburg gestartet wurde. Gerade in der Wissenschaft werde sehr viel gereist, sagt Schäfer. Durch den steigenden Anspruch an die Internationalisierung der Wissenschaft sei auch die Zahl der Konferenzen gestiegen. Eine Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich zeigt, dass die Hälfte der CO₂-Emissionen der Hochschule auf Reisen zurückzuführen sind, davon 93 Prozent auf das Fliegen. An anderen Universitäten dürfte die Situation ähnlich sein. Grund für Schäfer, aktiv zu werden.
Motiviert durch FridaysForFuture fing die Professorin im Juli 2019 an, Selbstverpflichtungen zur Vermeidung von Kurzstreckenflügen an der TU zu sammeln. "Ich hatte das Gefühl, es muss jetzt etwas passieren." Die Initiative wurde von der Universität Potsdam, der Humboldt-Universität zu Berlin und fünf weiteren regionalen wissenschaftlichen Einrichtungen aufgegriffen. Bei der globalen Klimaaktion von FridaysForFuture im September 2019 konnten bereits 1.728 Selbstverpflichtungen bekanntgegeben werden. Aufgrund der Nachfrage vieler Wissenschaftler*innen wurde die Kampagne schließlich bundesweit und auf Österreich und die Schweiz ausgeweitet.
"Es gibt extremen Handlungsbedarf auch an wissenschaftlichen Einrichtungen, sich in Richtung Klimaneutralität zu bewegen", sagt die Professorin, die seit vielen Jahren Nachhaltigkeitsforschung betreibt. Dafür sind Weichenstellungen vor allem im Gebäudebereich essentiell – bessere Dämmung, nachhaltiges Bauen, energieeffizienter Anlagenbetrieb und mehr. "Wir brauchen die Bewegung von unten, damit die Uni-Leitungen sich dabei unterstützt und herausgefordert fühlen, möglichst rasch wirksame Schritte zu ergreifen." Der Verzicht auf Kurzstreckenflüge sei eine Maßnahme, mit der jede*r bei sich selbst anfangen kann – neben anderen wichtigen individuellen Maßnahmen wie Reduzierung des Fleischkonsums, Senkung des Energieverbrauchs, vorrangiger Nutzung des ÖPNV. "Es geht darum, zum Nachdenken anzuregen und klimaschädliche Alltagsroutinen zu durchbrechen."
Bis zum 23. April 20 – einem Tag vor dem nächsten globalen Klimastreik – können Universitäts- und Hochschul-Beschäftigte die Selbstverpflichtungen noch unterzeichnen:
unter1000.scientists4future.org Privatpersonen und Unternehmen können sich der Initiative unter
www.unter1000.de anschließen.