2018 war der Abschluss des Haustarifvertrags beim Anne Frank Zentrum (AFZ) in Berlin eine Art Meilenstein für die Branche. In vielen Punkten wurden die Gehälter an den Tarifvertrag der Länder (TvL) angelehnt, die Arbeitsbedingungen für feste und freie Mitarbeitende der historisch-politischen Bildungseinrichtung wurden bei den Verhandlungen gleichermaßen geregelt. Doch fünf Jahre später sei es an der Zeit, auch Meilensteine mal zu überarbeiten, sagt Alexandra Heiter vom zuständigen Fachbereich im ver.di-Landesbezirk Berlin-Brandenburg.

Seit mehreren Monaten verhandeln ver.di und die Beschäftigten mit dem Arbeitgeber über einen neuen Haustarifvertrag. Der bisherige wurde zum 31. August gekündigt. Am 5. September werden sich beide Seiten zum vierten Mal am Verhandlungstisch gegenübersitzen. Heiter spricht von bisher "konstruktiven Verhandlungen", allerdings hake es noch an verschiedenen Punkten.

Das AFZ ist die deutsche Partnerorganisation des Anne-Frank-Hauses in Amsterdam. In Berlin-Mitte ist die Ausstellung "Alles über Anne" zu sehen, zudem bietet das Zentrum derzeit drei Wanderausstellungen an für Schulen und Jugendbildung in der ganzen Republik. Insbesondere Kinder und Jugendliche können sich in ihnen und im AFZ mit der Geschichte auseinandersetzen und diese mit ihrer Lebenswelt verbinden.

Für diese wichtige Bildungsarbeit wollen die festen und freien Mitarbeiter*innen angemessen entlohnt werden. Für die freien Mitarbeiter*innen soll eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden. Die Freien in Berlin fordern eine Erhöhung der Stundensätze von 23 auf 38 Euro. Das entspreche der Berliner Honorartabelle, sagt Mareike, die frei in der Berliner Ausstellung arbeitet. "Aufwandsentschädigung" ist auch der offizielle Begriff im AFZ, was sich mehr nach Ehrenamt anhört als nach der Arbeit, die geleistet wird.

Zwei Stunden lang begleitet Mareike etwa Schulklassen durch die Ausstellung, derzeit für 46 Euro. Vor- und Nachbereitung wird nicht entlohnt. Die Studentin hat einen weiteren Job, der ihr ein verlässliches monatliches Einkommen bietet. Im AFZ schwanke das Auftragsaufkommen zudem, das gebe keine Planungssicherheit. "Es geht uns darum, den Lebensunterhalt zu finanzieren", sagt sie. Auch Einarbeitungsseminare, Fort- und Weiterbildungen sollen nach dem Willen der Freien entlohnt werden.

Manchmal weniger als der Mindestlohn

Wer Wanderausstellungen betreue, bekomme die Reisezeit nicht als Arbeitszeit angerechnet. Eine Fahrt zu einem dreistündigen Auswertungsseminar in einem weiter entfernten Ort führe dazu, dass die Entlohnung unter dem Mindestlohn liege. Und für einen Wechsel in die Festanstellung, fordern die Freien, dass ihre Erfahrung bei der Eingruppierung anerkannt wird. Auch das ist bislang nicht der Fall.

Die Gehälter der festangestellten Mitarbeiter*innen sind seit 2018 an den TvL angelehnt, allerdings wurden nicht alle Erfahrungsstufen mit übernommen. Das führe zu monatlichen Einbußen – und soll nach dem Willen der Beschäftigten jetzt geändert werden, sagt Mani, der eine Elternzeitvertretung als Referent in der Ausstellung übernommen hat. Sie wollen auch, dass sie eine betriebliche Altersversorgung bekommen und dass Wochenend- und Feiertagsarbeit zusätzlich honoriert wird.

Wichtig ist allen Beschäftigten, dass sie gemeinsam kämpfen, Festangestellte wie Freie. "Es gibt viel Verständnis für die Positionen der anderen. Das ist mutmachend", sagt Mareike. "Wir haben eine relativ breite Beteiligung, sind stark vernetzt", sagt Mani. Wöchentlich trifft sich die Belegschaft. Während der Verhandlungen treffen sich alle im Hof zum schnellen Rückkoppeln. Zu Gast sind häufig auch Vertreter*innen von anderen Bildungseinrichtungen. "Es geht um Probleme der Branche, da ist es für alle wichtig, sich zu vernetzen", sagt Mareike. Vielleicht schafft es das AFZ auch diesmal wieder, mit seinem Haustarifvertrag und einer Rahmenvereinbarung für die Freien einen Meilenstein zu setzen. hla