Ausgabe 05/2020
Kurzmeldungen
Mit etwas Kosmetik ist es nicht getan
BAföG – ver.di fordert eine grundlegende BAföG-Reform (siehe auch nebenstehenden Artikel). Wenn nur noch gut 11 Prozent der Studierenden finanziell gefördert werden, obwohl viel mehr einen Bedarf haben, erfülle das Gesetz nicht seinen Zweck, so Sylvia Bühler, die im ver.di-Bundesvorstand zuständig für Bildung und Wissenschaft ist. Mit ein bisschen Kosmetik sei es nicht getan. Es brauche eine deutliche Erhöhung der Fördersätze bzw. der Freibeträge, und es müsse auf Vollzuschuss statt Teildarlehen umgestellt werden. Zudem müsse die Altersbegrenzung abgeschafft oder mindestens deutlich angehoben werden. Völlig unzureichend seien darüber hinaus die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Corona-Überbrückungshilfen für Studierende. Der Notlagefonds sei völlig unterdimensioniert angesichts von hunderttausenden Studierenden, die ohne Job dastünden. Diese "Überbrückungshilfe", so Bühler, helfe niemandem, und sie überbrücke auch nichts. Statt ein neues und kompliziertes Instrument zu schaffen, müsse die Bundesregierung das BAföG für die Zeit der Pandemie allen vereinfacht zugänglich machen.
Masterstudium für Betriebsräte
Weiterbildung – Die Universität Bremen startet im Januar 2021 in Kooperation mit der Arbeitnehmerkammer Bremen einen Masterstudiengang zur Weiterbildung von Betriebs- und Personalräten. Das vierjährige berufsbegleitende Studium nennt sich "Arbeit – Beratung – Organisation. Prozesse partizi- pativ gestalten" und richtet sich auch an Schwerbehindertenvertreter*innen und Gleichstellungsbeauftragte. Ziel ist es, die Interessenvertretungen in Betrieben und Behörden zu professionalisieren, aber auch "berufliche Anschlussperspektiven" zu ermöglichen. Neben dem Master sind Teilabschlüsse in drei Themenfeldern möglich: "Arbeitsbezogene Beratung", "Partizipative Personal- und Organisationsentwicklung" sowie "Arbeits-/Technikgestaltung und Beteiligung". Die drei "Zertifikatsstudiengänge" kosten jeweils 5.600 Euro, das gesamte Studium 19.200 Euro. Nach Ansicht der Universität muss der Arbeitgeber die Kosten tragen. Bewerbungsschluss ist der 31. Oktober 2020. stg
Infos unter www.uni-bremen.de/mabo
Wunschseminare an Wunschorten
ver.di-Seminardatenbank – Über die Seminardatenbank des ver.di-Bildungsportals finden Mitglieder und Nichtmitglieder, Betriebsräte, Personalräte und alle gesetzlichen Interessenvertretungen Seminare und Angebote von ver.di oder den ver.di-Bildungsträgern. Betriebsratsseminare und allgemeinpolitische Seminare sind ebenso dabei wie Schulungen, die Gremien und Ehrenamtlichen helfen ihre Arbeit effektiver zu gestalten. Für Kurzentschlossene gibt es Last-Minute-Angebote zu wichtigen beruflichen Themen wie etwa: "Stimmt das Klima noch? Mobbing in Betrieb und Verwaltung", 28. September bis 2. Oktober in Berlin. Aber auch die persönliche Freizeitgestaltung lässt sich mit einem ver.di- Seminar bereichern. So finden sich in der ver.di-Seminardatenbank dann zum Beispiel Seminare wie: "Verführung zum Tango Argentino", 25. bis 27. September in Walsrode, "Ich spiele, also bin ich – ludo, ergo sum", 16. bis 18. Oktober, Walsrode. Und zu "Irgendwas gegen Krieg..." lädt vom 31. August bis 4. September die ver.di Jugend in ihre Bildungsstätte in Naumburg ein. In der Datenbank können alle Interessierten über ein Stichwort und/oder den Wunschort online suchen. Einfach mal stöbern!
Schluss mit der Diskriminierung
Berufliche Bildung – ver.di fordert von der Enquete-Kommission "Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt" des Deutschen Bundestages Empfehlungen für grundlegende Verbesserungen der Ausbildungen in den Gesundheits- sowie in den Sozial- und Erziehungsberufen. Für die Berufsausbildungen brauche es einheitliche Standards. "Trotz eines Fachkräftebedarfs bis hin zu einem Fachkräftemangel müssen viele Auszubildende immer noch Schulgeld zahlen und erhalten meist auch keine Ausbildungsvergütung. Es ist sicher kein Zufall, dass es ausgerechnet häufig von Frauen gewählte Berufe sind, die eine solche Diskriminierung erfahren. Damit muss Schluss sein", sagt Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand. Zudem müssten bei der Qualitätssicherung und der Ausbildung in Theorie und Praxis Standards festgeschrieben werden und die betriebliche Mitbestimmung greifen, so die Gewerkschafterin. Von der Enquete-Kommission erwartet ver.di eine klare Empfehlung, Gesundheitsberufe sowie Sozial- und Erziehungsberufe umfassender in den Berufsbildungsbericht der Bundesregierung aufzunehmen.
Verlässliche Angebote
Ganztagsfinanzierungsgesetz – Der Koalitionsvertrag der regierenden Parteien CDU/CSU und SPD hat einen Rechtsanspruch für Schulkinder auf ganztägige Bildung und Betreuung ab dem Jahr 2025 in Aussicht gestellt. Bisher liegt allerdings kein Entwurf für ein entsprechendes Gesetz vor. ver.di mahnt den ausstehenden Gesetzentwurf für den Rechtsanspruch zur Errichtung eines Sondervermögens für den "Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter", das sogenannte Ganztagsfinanzierungsgesetz (GaFG), dringend an. Die aktuelle Krise zeige, wie wichtig es sei, für alle Kinder verlässliche Bildungs- und Betreuungsangebote zu schaffen, sagt die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle. Auch die bestehenden Rechtsansprüche der Kinder ab dem ersten Lebensjahr seien nicht so realisiert worden, dass ausreichend Platzkapazitäten und Personal zur Verfügung stehe, um alle Kinder betreuen und versorgen zu können. Die schlechten Personalschlüssel und der Fachkräftemangel würden dazu beitragen, dass die Kindereinrichtungen den Betrieb nicht so aufrechterhalten können, wie die Kinder, Mütter und Väter ihn benötigten.
Weiterbildung stimmt optimistisch
Studie I – Selbst in Krisenzeiten wie momentan in der Corona-Pandemie oder wenn ein befristeter Vertrag ausläuft, haben Beschäftigte, die sich etwa Weiterbildungsziele setzen, weniger Angst vor einer Entlassung. Das ergab eine Studie der Curtin University in Perth/Australien. Das Forschungsteam hatte 227 Angestellte mit befristeten Verträgen und ohne Aussicht auf Erneuerung ihrer Anstellung befragt. Die meisten davon fühlten sich unsicher, was ihre Karriereaussichten angeht. Die Wissenschaft-ler*innen beobachteten die Befragten aber über mehrere Monate und stellten fest, dass einige nicht unsicherer wurden, als sich das Vertragsende näherte. Diese Angestellten wurden aktiv. Sie suchten nach Wegen, wie es für sie nach Vertragsende weitergehen könnte. So haben diese Beschäftigten mit ihren Vorgesetzten über Möglichkeiten zur Weiterbildung gesprochen. Sie haben auch versucht, Aufgaben zu erhalten, die ihnen bei der Entwicklung ihrer Fähigkeiten halfen. Den Forschern zufolge erhöhen solche Maßnahmen die Chancen auf eine weitere Anstellung und helfen auch dem Wohlbefinden der Angestellten.
Ungleichheit prägt Bildungssystem
Studie II – Das deutsche Bildungssystem ist einer Studie der Erziehungswissenschaftlerin Nina Kolleck von der Freien Universität Berlin zufolge erheblich von sozialen Ungleichheiten auf verschiedenen Ebenen geprägt. Die Wissenschaftlerin untersuchte die Zugangs- und Teilhabebedingungen im deutschen Schulsystem mit Blick auf die Bereiche Migration und Flucht, Behinderung und sonderpädagogischer Förderungsbedarf sowie ökonomischer, sozioökonomischer und familiärer Hintergrund. Im Zentrum standen insbesondere Zugangs- und Teilhabechancen in Primar- und Sekundarschulen. Die Studie mit dem Titel "Was uns zusammenhält – Wie erreichen wir mehr Teilhabechancen in unseren Schulen?" wurde im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlicht. Laut der Studie ist vor allem das Ausmaß sogenannter intersektionaler Diskriminierung problematisch, von dem Schülerinnen und Schüler aus alleinerziehenden Elternhäusern und mit Migrationshintergrund besonders betroffen sind. Nach wie vor bestünden in der Öffentlichkeit viele Stereotype und Vorurteile wie beispielsweise das Vorurteil, Schüler*innen mit Migrationshintergrund würden tendenziell schlechtere Schulleistungen erbringen. Zu den Maßnahmen, mit denen soziale Ungleichheiten vermindert werden könnten, zählen der Studie zufolge Ganztagsschulen, Bildungsverbände sowie Initiativen zur Optimierung der Übergänge von der Grundschule in die Sekundarschule. Die Studie kann heruntergeladen werden unter:
library.fes.de/pdf-files/fes/16009.pdf
Schulschließungen: psychische Folgen
Studie III – Eine Corona-Studie des Universitätsklinikums Leipzig an sächsischen Schulen im Mai und Juni bestätigt: Schulen waren dort bislang keine Infektionsherde. Allerdings seien die psychischen Auswirkungen der Krise für die Kinder klar erkennbar. Beklagt wurde ein Verlust von Lebensqualität und Fröhlichkeit, vor allem in Familien mit Armut und niedriger Bildung. "Die fehlende Tagesstruktur, nicht aufstehen zu müssen für die Schule, wird als Verlust angesehen", so Professor Wieland Kiess vom Universitätsklinikum Leipzig bei der Vorstellung der Ergebnisse in Dresden Anfang August. Dazu kämen ein massiver Anstieg der Mediennutzung und Kontaktverlust zu Gleichaltrigen. Corona löse zudem Sorgen um Familie und Zukunft aus, bei Mädchen vorrangig auch um die Gesellschaft. Drei Viertel der Kinder sagten von sich aus: "Ich möchte bitte wieder in die Schule gehen." Fazit: Schulschließungen schaden denen massiv, "die sowieso wenig an Bildung teilhaben".
Wer zahlt die Kosten?
Fortbildung – Der DGB Rechtsschutz informiert auf seiner Internetseite regelmäßig zu Fragen, die sich aus Arbeitsverträgen ergeben, unter anderem zu Fortbildungsmaßnahmen, die vom Arbeitgeber finanziert werden. Streit über deren Rückzahlung komme häufig vor, schreibt der DGB Rechtsschutz. Doch die Bedingungen zur Rückzahlung unterliegen der sogenannten Angemessenheitskontrolle gemäß Paragraf 307 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Unter anderem muss die Bindungsdauer angemessen sein. Faustformel: Dauert die Fortbildung einen Monat, ist der Beschäftigte bis zu sechs Monate gebunden, dauert sie vier Monate, sind es schon zwei Jahre. Kündigt der Arbeitnehmer jedoch, weil der Chef wiederholt unpünktlich zahlt, dann hat er eine berechtigte Eigenkündigung. Und kündigt gar der Arbeitgeber betriebsbedingt, muss der Mitarbeiter die Fortbildungskosten ebenfalls nicht erstatten. Mehr erfahren: