Ausgabe 03/2021
Gerichte klären
Ob Banken, Kliniken, Callcenter oder Pflegeheime, immer wieder versuchen Betriebe und Unternehmen die Arbeit von Betriebsräten zu behindern und sie mit ihren Angriffen moralisch zu brechen. Oft geschieht dies mittels fristloser Kündigungen. Und wenn die erste Kündigung nicht zermürbe, dann aber die siebte, heißt es in einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung aus 2020. Die Absicht der Sparda Bank Hannover, den stellvertretenden Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats fristlos zu entlassen, ist nun in zweiter Instanz erneut gescheitert. Auch die ATOS Klinik Fleetinsel Hamburg wollte eine Betriebsrätin loswerden. Das Landesarbeitsgericht hat dem ebenfalls einen Riegel vorgeschoben. Und der Bremer Logistiker Dachser hat seinen Betriebsräten mehr Gehalt geboten, wenn sie aufgeben. Die Strafanzeige von ver.di ist jetzt ein Jahr alt. Inzwischen gibt es in dem Fall einen Teilerfolg.
Sparda-Bank Hannover
Das Kündigungsbegehren der Sparda-Bank Hannover kann als Zermürbungstaktik aufgefasst werden. Einer Bank, die das Prinzip von Mitbestimmung verstanden haben sollte, ist sie doch den genossenschaftlichen Grundwerten ihrer Mitglieder verpflichtet. Die Bank hat dem Betriebsrat und aktiven Gewerkschafter Detlev Hagenkord vorgeworfen, er habe heimlich Beschäftigte abgehört. Seine Teilnahme an einer Telefonkonferenz sei nicht ordnungsgemäß gewesen. Dafür sollte er die fristlose Kündigung bekommen. Die Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat haben dem Kündigungsbegehren des Arbeitgebers nicht zugestimmt. Die Bank wollte deshalb die Zustimmung vor Gericht erzwingen.
Die Vorwürfe der Bank seien völlig absurd, befand ver.di und gab dem Betriebsrat Rechtsschutz. Auch in zweiter Instanz hat die Sparda-Bank nun verloren. Am 10. März 2021 hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen bestätigt und in aller Deutlichkeit klargestellt, dass keine Kündigungsgründe gegen Hagenkord vorliegen. Eine erneute Revision ist nicht möglich. Der Betriebsrat bleibt Beschäftigter der Bank.
In einer Petition hatten sich über 5.000 Kolleg*innen und Kund*innen mit ihm solidarisiert und vor dem Landesarbeitsgericht Hannover eine Solidaritätsaktion veranstaltet. "Denn gemeint sind wir alle", sagt Jörg Reinbrecht, Leiter des ver.di-Teams Finanzdienstleistungen Niedersachsen/Bremen.
ATOS Klinik Hamburg
Auch bei der ATOS Klinik Fleetinsel Hamburg ging der Konflikt mit dem Arbeitgeber für die Betriebsrätin gut aus. Die Klinik wollte die Betriebsrätin und stellvertretende Konzernbetriebsratsvorsitzende mit dem Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs fristlos entlassen. Auch sie hatte Rechtsschutz durch ver.di erhalten. Und auch hier wollte der Arbeitgeber die Zustimmung zur fristlosen Kündigung vor Gericht erwirken. Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat das abgelehnt und dem Antrag nicht stattgegeben. Die Beklagte und auch Zeugen versicherten, dass es sich vor allem um Betriebsratstätigkeiten gehandelt habe, die sogar zum Teil in Anwesenheit von Arbeitgebervertretern stattgefunden haben.
"Das ist ein großartiger Erfolg. Wir sind erleichtert, dass das Landesarbeits-gericht dem Ansinnen der Arbeitgeberseite nicht Recht gegeben hat", sagt Kathrin Restorff von ver.di Hamburg. Die Gewerkschaft fordert die ATOS Klinik auf, die Rechte des gewählten Betriebsrates zu respektieren.
Dachser Food Bremen
Eine Strafanzeige wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit hat ver.di vor einem Jahr gegen den Chef von Dachser Food Logistics in Bremen gestellt. Die Prüfung ist zwar noch nicht abgeschlossen, doch inzwischen wurden wichtige Zeugen von der Polizei geladen und belastende Aussagen gegen den Arbeitgeber aufgenommen. Das Vorgehen des Unternehmens: Dachser hatte damaligen Mitgliedern des Betriebsrats eine Entgelterhöhung angeboten, wenn sie das Gremium verlassen. In einem Fall kann ver.di das schriftlich belegen. Nachdem fünf Betriebsratsmitglieder zurückgetreten waren, musste das Gremium vorläufig aufgelöst werden.
Aus ver.di-Sicht ist das Handeln des Niederlassungsleiters ein schwerer Verstoß nach Paragraf 119, Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz: "Behinderung der Betriebsratsarbeit". Während sich die Prüfung nun seit einem Jahr hinzieht, gibt es aber auch hier einen Einzelerfolg, der durch den ver.di-Rechtsschutz erreicht wurde. So hat der Betriebsratsvorsitzende zwar mittlerweile das Unternehmen verlassen, bekam aber mit Unterstützung von ver.di eine hohe Abfindung. Zudem erteilte der Unternehmenshauptsitz eine Rüge an die Niederlassung in Bremen, der verantwortliche Niederlassungsleiter wird das Unternehmen Ende Mai verlassen.
Bashen mit Kalkül
Arbeitgeber wollen mit ihren Zermürbungstaktiken meist verhindern, dass die Beschäftigten sich gewerkschaftlich organisieren und bessere Löhne und Arbeitsbedingungen für sich erkämpfen. Bei der Spardabank Hannover hatten sich die Beschäftigten 2014 durch Arbeitskämpfe ihren Tarifvertrag zurückgeholt. Seither hatte sich das Klima mit dem Arbeitgeber verschlechtert. Selbst Eingruppierungsregelungen führten zu Konflikten, sagt Jörg Reinbrecht von ver.di. Mit dem Kündigungsbegehren gegenüber dem Betriebsrat und aktiven Gewerkschafter wollte die Bank ein abschreckendes Beispiel schaffen.
Beschäftigte und Betriebsräte sind gut beraten, ver.di-Mitglied zu sein, denn durch ihre Mitgliedschaft genießen sie Rechtsschutz am Arbeitsplatz und vielfältige Unterstützung.
Marion Lühring