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Foto: Christian Jungeblodt

Kommunalverwaltungen sind selten Vorreiter der Digitalisierung, kommen inzwischen aber langsam in Gang. Dass die Einführung entsprechender Technik mit den Personalräten abgestimmt werden sollte, ist nicht allen Verantwortlichen klar. So war das auch in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart, wo nach langwierigen Verhandlungen eine wegweisende Rahmendienstvereinbarung herauskam, die nun für den Deutschen Personalrätepreis 2022 nominiert ist.

"Immer mehr Ämter und Abteilungen haben in den letzten Jahren die Einführung digitaler Werkzeuge und Plattformen geplant, was die Mitbestimmung vor komplexe Herausforderungen gestellt hat", stellt Claudia Häußler fest, die Vorsitzende des Gesamtpersonalrates in der Stuttgarter Kommunalverwaltung. "Wir wollten rechtzeitig dabei sein, um die Einführung und Handhabung der Technik aktiv mitzugestalten. Deshalb haben wir als Gremium die Initiative ergriffen." Über ein Jahr verhandelten die Beschäftigtenvertreter*innen mit dem kommunalen Arbeitgeber über die Details der Digitalisierung. Die GPR-Mitglieder haben sich zuvor über die digitalen Innovationen kundig gemacht, sich qualifiziert und den externen Sachverständigen Welf Schröter vom "Forum Soziale Technikgestaltung" hinzugezogen. Der Aufwand hat sich gelohnt.

Mensch über KI

Ergebnis der Verhandlungen ist die "Rahmendienstvereinbarung zur Digitalisierung und Informationstechnik bei der Landeshauptstadt Stuttgart". Sie legt fest, dass vor jeder Umsetzung von digitalen Strategien "verbindliche Aushandlungsprozesse" zwischen Arbeitgeber und GPR stehen. Dafür wurde ein "Zukunftsdialog" vereinbart. Wo immer algorithmische Systeme eingeführt werden, sogenannte Künstliche Intelligenz (KI), müssen Entscheidungen in der Hand von Menschen bleiben. KI müsse Assistenztechnik sein, so Claudia Häußler. "So ist auch klar festgelegt, dass soziale Innovation vor technischer Innovation kommt. Dazu gehört die Festlegung von Zielen für die Qualifizierung der Belegschaft sowie die Verankerung der Beschäftigungssicherung, was erstmals in Stuttgart schriftlich fixiert ist." Fast 16.000 Menschen arbeiten in der Stuttgarter Kommunalverwaltung, die von den Regelungen profitieren.

Die konkrete Umsetzung der im Mai dieses Jahres verabschiedeten Rahmendienstvereinbarung ist allerdings noch nicht so weit gediehen, wie es der GPR gerne hätte. Grund dafür ist die Ausgliederung aller IT-Bereiche in ein eigenes Amt zum Jahresanfang. Gerade erst sind die rund 300 Beschäftigten umgezogen, und der neue Leiter hat Anfang Juli sein Amt angetreten. Claudia Häußler: "Wegen der Größe der IT waren wir für die Ausgliederung in ein eigenes Amt. Wichtig ist eine gute Vernetzung der IT in alle Ämter hinein. Deshalb haben wir uns aber auch klar gegen die Gründung eines Eigenbetriebes für diesen Bereich ausgesprochen."

Nun starten die Schulungen der örtlichen Personalräte zur Rahmendienstvereinbarung. "Die weitreichenden Regeln der Vereinbarung müssen in der Praxis überall beachtet und durchgesetzt werden", so die Gesamtpersonalratsvorsitzende. "Dazu sollen möglichst alle Kolleg*innen wissen, wie digitale Technik und Algorithmen eingesetzt werden dürfen – und wie nicht."

Epochaler Erfolg

Experte Welf Schröter sieht in der Vereinbarung "einen außergewöhnlichen und epochalen Erfolg auf dem Weg der mitbestimmten Gestaltung der Digitalisierung und der sogenannten Künstlichen Intelligenz".