Ausgabe 01/2023
Rigoros gegen einen Betriebsrat
Wieder durften die Beschäftigten bei Malta Air keinen Wahlvorstand wählen. Der aber ist nötig, um Betriebsratswahlen in die Wege zu leiten. Bereits zwei Anläufe sind nun schon gescheitert. Der erste Anlauf wurde im Dezember 2022 genommen. Mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung ging Malta Air gegen die Wahlversammlung am Standort Flughafen Berlin-Brandenburg vor und scheiterte zwar vor dem Arbeitsgericht Cottbus, doch ein Teilbeschluss beim Landes- arbeitsgericht Berlin-Brandenburg führte am Wahltag zur kurzfristigen Absage der Wahl. Malta Air machte bei diesem einen "zu erwartenden hohen wirtschaftlichen Schaden für die Airline" geltend. Der Billigflieger argumentierte, es sei zu kurzfristig eingeladen worden, um den Flugbetrieb anders zu organisieren.
Im Januar 2023 erfolgte dann mit Unterstützung von ver.di der zweite Anlauf für die Wahlversammlung. Auch dieses Mal ging Malta Air juristisch dagegen vor und hatte in letzter Minute erneut Erfolg vor Gericht. Zwar hatte ver.di die Einladung zur Wahlversammlung rechtzeitig 14 Tage vor der Wahlversammlung vorschriftsmäßig zugeschickt. Der Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die Wahlversammlung durch Malta Air kam aber erst nach neun Tagen. Also wieder kurz vor dem Wahltermin. Die Verzögerung lasse tief blicken, sagt Antje Dieterich vom Digital Organizing Projekt bei ver.di. "Hier wird eindeutig versucht, die Belastung für die Beschäftigten vor Ort hochzuhalten."
Die Beschäftigten brauchen jetzt Durchhaltevermögen. Denn sie müssen auch noch einen dritten Anlauf nehmen, da die Gerichte erneut die Bedenken von Malta Air für den kurzfristigen Termin akzeptiert haben. Wieder begründete Malta Air, den Betrieb nicht so kurzfristig umorganisieren zu können. "Das Bundesarbeitsgericht hat aber bisher nicht mehr als 14 Tage für notwendig befunden", erläutert Antje Dieterich. Hier würden also neue Zeitfenster geschaffen. Dabei sollte die Zeitspanne die Erreichbarkeit der Beschäftigten sicherstellen, nicht die Wünsche der Arbeitgeber.
Die "Lex Ryanair"
Malta Air ist ein Tochterunternehmen der Ryanair Group. Der irische Billigflieger ist für seine Gewerkschaftsfeindlichkeit bekannt. Bereits 2018 hatten Protestaktionen bei Ryanair unter anderem dazu geführt, dass das Betriebsverfassungsgesetz geändert wurde. Seither ist es Flugbetrieben überhaupt erst möglich, klassische Betriebsräte zu gründen. Dazu beschloss der Bundestag die sogenannte "Lex Ryanair" – eine Änderung des Paragrafen 117. Damit können Beschäftigte von Fluggesellschaften auch gegen den Willen der Konzerne einen Betriebsrat gründen. Bis dahin war dafür ein Tarifvertrag nötig, eine Besonderheit der Branche. Malta Air hat es nun trotz "Lex Ryanair" geschafft, zweimal den Wahlvorgang zu stoppen. Die Beschäftigten werden aber weiterhin mit Hilfe von ver.di für einen Betriebsrat kämpfen.
Weiter ungeklärt ist die Frage, ob es sich bei Malta Air um einen Betrieb handelt. Die Fluggesellschaft verneint das. "Malta Air dreht sich die Dinge so hin, wie es der Fluggesellschaft finanzielle Vorteile bringt", kritisiert Gewerkschafterin Dieterich. Malta Air habe für die Anerkennung des Betriebes in Deutschland gekämpft, als es um Anträge für Kurzarbeit ging und der Staat mit Geld in die Bresche springen sollte. Doch als die Beschäftigten erstmals im letzten Jahr ihr Mitspracherecht einforderten, setzten sich die Arbeitgeber für das Gegenteil ein. Die Frage, was ein Betrieb ist, wird künftig auch noch andere Unternehmen betreffen und vermutlich erst vor dem Bundesarbeitsgericht entschieden. Marion Lühring