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Immer ansprechbar, die Vertrauensleute in Betrieb und Dienststelle (Symbolbild)Foto: Willma/Photocase

Aktives Zuhören

Nora Anders ist Vertrauensfrau bei der Deutschen Post, Niederlassung Kiel, Zustellstützpunkt ( ZSP ) Kieler Förde.

"Wir haben bei uns eine besondere Situation, denn bei uns im Gebäude sind mehrere ZSPn untergebracht. Zum ZSP, in dem ich arbeite, gehören etwa 80 bis 90 Beschäftigte. Vor zwei Jahren hat mich der Betriebsrat gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, mich zur Vertrauensfrau wählen zu lassen. Ich wusste erst gar nicht so genau, was damit auf mich zukommt, denn bei uns waren bislang Vertrauensleute nicht so präsent.

Meine Vorstellungen von der Aufgabe waren nicht so konkret, aber ich habe schnell gemerkt, wie vielfältig sie ist. Ich repräsentiere die Gewerkschaft und deren Werte, also soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Gleichbehandlung, den solidarischen Grundgedanken. Aber auch Mitgliederwerbung ist ein wichtiger Teil der Aufgabe.

Ich halte meine Ohren auf bei den Kolleg*innen, es geht um aktives und passives Zuhören, um mitzubekommen, wo es Probleme gibt. Ich helfe ihnen, etwa bei Abmahnungen oder wenn es Probleme mit den Dienstzeiten gibt. Ich spreche neue Kolleg*innen aktiv an. Sie haben oft Probleme, denn in der Anfangszeit haben sie bei uns noch keine festen Touren, und als Springer*in gibt es dann auch keine festen freien Tage. Da kläre ich sie auch aktiv auf, etwa über unsere Tarifvereinbarung zur Arbeitszeit. Wenn die Kolleg*innen nicht so gut Deutsch sprechen, begleite ich sie zu Gesprächen, um sie zu unterstützen und ihnen in Ruhe etwas zu erklären, falls es Verständnisprobleme gibt. Aber auch bei den Entlastungstagen und den Rechten der Beschäftigten generell besteht häufig noch Aufklärungsbedarf. Wichtige Informationen gebe ich in der täglichen Lagebesprechung an die Kolleg*innen weiter.

Man braucht manchmal auch ein dickes Fell für die Aufgabe. Etwa als es darum ging, den Tarifkompromiss bei der Deutschen Post vorzustellen. Da kann ich nur erklären, wie er sich zusammensetzt, was die Vor- bzw. Nachteile sind. Die Entscheidung, wie jemand bei der Urabstimmung entscheiden soll, kann ich niemandem abnehmen. Es gab viel Kritik am Abschluss, da half es nur, ruhig zu bleiben und sachlich aufzuklären.

Ich bin mit den anderen Vertrauensleuten bei uns im Gebäude eng vernetzt. Ich bin da noch die Neue, andere sind schon lange dabei und können mir bei Fragen weiterhelfen. In den ZSPn ähneln sich die Probleme, die den Arbeitsalltag betreffen, das gilt bundesweit für die Deutsche Post. Daher ist Vernetzung wichtig.

Interessant bei der Bundesvertrauensleutekonferenz war es, Vertrauensleute aus anderen Bereichen kennenzulernen. Kollegen aus den verschiedensten Bereichen wie ÖPNV, Stadtreinigung, Verwaltung oder dem Gesundheitsbereich haben von ihren Problemen, Möglichkeiten und Tarifkonflikten berichtet. Auch wenn nicht alles direkt übertragbar ist, war es sehr informativ und hat einige Denkanstöße gegeben. Ich habe viel gelernt und es hat großen Spaß gemacht, dabei zu sein."

Ansprechperson für Neueingestellte

Christian Böttcher ist Notfallsanitäter beim Kreisverband Rotenburg an der Fulda e.V. des Deutschen Roten Kreuzes ( DRK ) und Vertrauensmann

"Im November 2022 wurde der Insolvenzantrag durch den Vorstand gestellt. Finanzielle Schwierigkeiten sind für uns nichts Neues, seit 2010 ist immer wieder davon die Rede. Die Stimmung ist im Laufe der Zeit immer schlechter geworden. In dieser unsicheren Situation kündigen auch viele Beschäftigte, nehmen lieber andere, sicherere Stellen. Für die verbleibenden bedeutet das weitere Arbeitsverdichtung. Der Krankenstand ist hoch.

Ich habe mich 2016 entschlossen, als Betriebsrat auch Vertrauensmann zu werden. Ich war zu dieser Zeit auch schon Mitglied unserer Bundestarifkommission. Ich bin als Vertrauensmann das Gesicht von ver.di im Betrieb. Ich bin Ansprechperson für Neueingestellte, beantworte Fragen zur Höhergruppierung, zum Tarifvertrag, zu Kündigungsfristen. Dabei war es beim DRK nicht immer einfach, für ver.di zu werben.

2006 hat ver.di den DRK-Reformtarifvertrag ausgehandelt, der war schlechter als der zuvor gütltige DRK-Tarifvertrag, der stark an den Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) angelehnt war. Das hat man ver.di übelgenommen. 2016 hat ver.di dann erstmals die Mitglieder bei uns nach ihren Forderungen gefragt. In der Tarifrunde wurde durchgesetzt, dass die Arbeitszeit im Rettungsdienst schrittweise von 48 auf 45 Wochenstunden reduziert wurde. Jetzt soll sie in den nächsten Jahren sogar Schritt für Schritt auf 42 Stunden verringert werden.

Den Kolleg*innen hier ist es egal, ob ich Vertrauensmann oder Betriebsrat bin. Ich weiß aber schon, dass das zwei verschiedene Rollen sind. Nicht alle Infos, die ich als Betriebsrat bekomme, darf ich als Vertrauensmann verwenden. Ich muss als Betriebsrat neutraler sein, als Vertrauensmann bin ich Ansprechperson von ver.di. Da wir aber bei Zwölf-Stunden-Schichten auch viel Arbeitsbereitschaft haben, habe ich genug Zeit, mit den Kolleginnen und Kollegen zu sprechen. Ich bin zudem eine strittige Person im Betrieb, sage meine Meinung. Das kommt beim Arbeitgeber nicht gut an, aber meine Kolleg*innen mögen das."