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Damit die Arbeit Schritt für Schritt besser wirdPhilip Schulze/dpa

Beschäftigte in Gesundheits- und Sozialberufen leiden oft unter starken Belastung wie Zeitdruck, zu viele Patient*innen. Wenn sie dann noch zu wenige sind, führt das im Arbeitsalltag zu Stress und kann auf Dauer krank machen. Aber auch ganz normale Aspekte der Arbeitsorganisation und -kommunikation können zur Belastung werden, wenn sie nicht reibungslos verlaufen. Bekommen die Beschäftigten zeitnah alle nötigen Informationen? Wie ist die Stimmung im Team? Harmonieren die Prozesse an den Schnittstellen zwischen den Berufsgruppen?

Im BG Klinikum Hamburg, einem Klinikum der gesetzlichen Unfallversicherung, wird Beschäftigen angeboten, ihren Belastungen auf den Grund zu gehen und gemeinsam Lösungen zu finden. Ein Ergebnis: Zahlreiche Telefonate machen den Pflegekräften auf Station das Leben schwer – für jeden einzelnen Anruf muss die Arbeit am Patienten unterbrochen werden, wertvolle Zeit geht verloren, Zeitdruck entsteht. So muss das Pflegepersonal häufig Anrufe entgegennehmen für Therapeut*innen, die sich gerade um die Kranken auf ihrer Station kümmern, sie suchen und ihnen die Telefone weitergeben. Zeit, die ihnen für die Pflege der Patient*innen fehlt.

Eine Lösung: Die Therapeut*innen werden mit eigenen Telefonen ausgestattet. Das bringt eine kleine Entlastung in den Arbeitsalltag, sagt Susann Czekay-Stohldreier. Sie leitet den Bereich Personalentwicklung/Kompetenzzentrum Sicherheit und Gesundheit im BG Klinikum Hamburg, ist aber zugleich alternierende Vorsitzende der Vertreterversammlung der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Entsandt wurde sie von der Versichertenvertretung, also den Beschäftigten, für die die BGW zuständig ist.

„Die Beschäftigten haben kaum Zeit, sich über ihren Arbeitsalltag auszutauschen“, sagt sie. Deswegen hat die BGW auch aufgrund des Drucks aus der Selbstverwaltung verschiedene Verfahren entwickelt, mit denen sie Arbeitgebern wie Beschäftigten Möglichkeiten vorschlägt, wie sie besser auf die Bedürfnisse der Beschäftigten eingehen können. Dazu zählen moderierte Workshops, in denen sie sich gemeinsam die Zeit nehmen können, auf ihre Belange einzugehen und nach Lösungen zu suchen.

„Die Beschäftigten finden diese Workshops enorm wertschätzend“, stellt Czekay-Stohldreier fest – auch weil nach drei bis sechs Monaten Zeit ist, ein Resümee der Maßnahmen zu ziehen und nachzubessern. Außerdem ermuntert sie die Beschäftigten, Gefährdungsanzeigen zu schreiben, damit diese Belastungen deutlich werden. Nicht nur im BG Klinikum Hamburg, sondern in allen Betrieben, die zur BGW zählen.

Gefahren frühzeitig erkennen

Dies ist nur ein kleines Beispiel dafür, wie sich die Arbeit ehrenamtlicher Vertre-ter*innen in den Versicherten­parlamen-ten der Unfallversicherung auswirken kann. „Wir sind Praktiker und bringen unsere betrieblichen Erfahrungen mit ein“, sagt Czekay-Stohldreier. Zudem seien die Versichertenvertreter*innen durch ver.di gut vernetzt. Auch Betriebsräte aus den entsprechenden Betrieben sprechen sie auf Themen im Arbeits- und Gesundheitsschutz an, wo sie Handlungsbedarf im Sinne der Beschäftigten sehen. In der Vertreterversammlung oder in deren verschiedenen Ausschüssen können diese Themen dann bewegt werden. Auch neue BGW-Produkte und -formate, die die Arbeit erleichtern oder sicherer machen können, werden in Pilotbetrieben erst einmal getestet, bevor eine Empfehlung für sie ausgesprochen wird.

Ein weiterer Bereich ist die Forschung, damit es eine Datengrundlage für Entscheidungen gibt. Insbesondere in der geschlechtsspezifischen Betrachtung von Berufskrankheiten sieht die Vorsitzende Nachholbedarf. Es könne nicht sein, dass für Männer wie Frauen gleiche Belastungen beim täglichen ­Heben von Patient*innen zugrundegelegt werden, um ­etwa einen Bandscheibenvorfall als Berufskrankheit anerkennen zu können. „Das ist oft ein langer Weg. Aber wir gehen ihn“, sagt sie. Damit die Arbeit Schritt für Schritt besser wird.

ver.di-Kollege Dietmar Erdmeier ist seit Oktober 2023 Vorsitzender des Vorstands der BGW für die Versicherten. Er sieht einen großen Vorteil darin, dass die Arbeitgeber die Unfall­versicherung finanzieren. Sie werden dadurch stärker in Richtung bessere Prävention sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz gedrängt. „Durch Arbeitsschutzmaßnahmen, durch die Gefährdungsbeurteilung und ihre Anwendung können wir frühzeitig Gefahren erkennen und abstellen“, sagt er.

Aber ver.di hilft noch weiter. Versicherte, die mit der Entscheidung der BGW-Verwaltung etwa bei der Anerkennung einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalls nicht einverstanden sind, können Widerspruch einlegen. Auch in den Widerspruchsausschüssen entscheiden Versicherten- wie Arbeitgebervertreter*innen. Sind die Betroffenen auch mit deren Entscheidung nicht einverstanden, kann ver.di-Mitgliedern der gewerkschaftliche Sozialrechtsschutz weiterhelfen.

Die BGW bietet in ihren Bezirksverwaltungen auch Schulungen an, etwa für rückengerechtes Arbeiten oder für den Umgang mit chemischen Stoffen. In den spezialisierten BG Kliniken bekommen Versicherte nach Arbeitsunfällen die bestmögliche Behandlung, wenn nötig mit anschließenden Rehamaßnahmen oder Unterstützung bei der Umgestaltung von Arbeitsplätzen. „Wir haben ein gutes System, in dem die Beschäftigten die betriebliche Realität auf Augenhöhe einbringen können“, sagt Erdmeier, „Wir müssen darüber mehr ins Gespräch kommen.“