Bei den Beschäftigten der Telekom AG schwankt die Stimmung zwischen Ohnmacht und Wut. Viele sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Vier vom Standort München schildern hier ihre Lage

G. Djordjevic-Stankov: Sachbearbeiterin Vertrieb

"Ich spüre Wut", sagt Djordjevic-Stankov. "Aber auch Hilflosigkeit." Zurzeit bekommt sie 1050 Euro netto in die Hand. Das reicht gerade so, um mit ihrem zehnjährigen Sohn über die Runden zu kommen.

"Als ich 2001 im Bewerbungsgespräch saß, haben sie mich gefragt, warum ich zu Telekom will", erzählt sie. "Da habe ich geantwortet: Weil ich Kunde bin und weiß, woran es hapert. Ich wollte es besser machen mit dem Service. Und damals haben sie mir gesagt, dass sie genau solche Leute wollen." Sie hat im T-Punkt geschuftet, oft mehrere Schichten, weil kein Personal da war. Als Folge hat sie jetzt einen mehrfachen Bandscheibenvorfall.

"Ich habe den Buckel krumm gearbeitet für diesen Konzern", sagt sie. "Und was habe ich nun davon?"

Adolf Feckl: Disponent Datenleitungen

"Mein Jahrgang ist absolut beschissen dran", sagt Adolf Feckl. "Die Jungen können weg, die Alten in die Rente. Aber ich bin 45 und schwerbehindert, ich finde sonst gar nichts mehr."

Feckl, der seit 1986 unter einer chronischen Darmentzündung leidet, hat doppelte Angst um seinen Arbeitsplatz. Zum einen weiß er, dass die verbesserte Technologie mit dem Namen "Next Generation Networks" in den nächsten fünf Jahren jeden zweiten Arbeitsplatz in der Infrastruktur für Datenübertragung überflüssig machen wird. Zum anderen hat er das Gefühl, dass es der Bundesregierung nur recht ist, wenn Telekom Arbeitsplätze abbaut, schließlich hat sie als größter Telekom-Aktionär dem Ausgliederungsplan von Obermann zugestimmt.

"Deutschland wird zu einem Billiglohnland gemacht, mit Einverständnis der Politik", sagt er. "Sie vernichten Arbeitsplätze, und alle schauen nur zu. Das ist eine Riesensauerei."

Steffi Langzettel: Service-Monteurin

"Auf das Unternehmen kann ich nicht mehr stolz sein, besonders auf die Spitze nicht. Jeder neue Chef macht das Unternehmen nur noch ein Stück weiter kaputt", sagt Steffi Langzettel. "Bisher wurden in jeder Umstrukturierung Leute, die Ahnung hatten, durch solche ersetzt, die keine Ahnung hatten. Das hat nur Chaos verursacht." Im Streik der nächsten Wochen will Langzettel um ihre 1600 Euro Nettogehalt kämpfen, glaubt aber, dass sie am Ende auf etwas verzichten muss. Für den Fall, dass die Telekom ihre Forderungen komplett durchsetzt, spielt sie auch mit dem Gedanken von einem neuen Leben. Im Ausland, mit einer Ausbildung, die etwas mit Kunst zu tun hat.

"Ich habe ja noch Träume, ich will vorwärts kommen", sagt sie. "Aber hier sieht es eher so aus, als müsste ich rückwärts gehen."

Sie fürchtet, wieder in ein WG-Zimmer ziehen und ihr Motorrad verkaufen zu müssen, für das sie vier Jahre lang gespart hat. "Für einen Neuanfang wäre ich aber bereit, auch das zu tun", sagt sie. "Ich bin ja jung und flexibel."

Gustav Schwab: Service-Techniker Spezial

"Ich habe mir für diesen Streik als Ziel gesetzt, dass wir nicht nur die Gehälter behalten, die wir jetzt haben, sondern danach auch die normale Lohnerhöhungsrunde gewinnen", sagt Gustav Schwab. "Es ist gar nicht so, wie viele Kollegen glauben, dass der Kompromiss zu unseren Lasten gehen muss." Schwab betrachtet den seit zwei Wochen anhaltenden Streik wie ein Boxer das Duell im Ring. Er ist sich auch bewusst, dass es teuer werden kann. "Es wird mindestens sechs Wochen dauern", meint Schwab.

"Es kann auch sein, dass es so lange dauert, dass keine Streikgelder mehr bezahlt werden können. Auch das muss man dann durchstehen. Alles hängt von unserer Stärke ab."


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